Die offizielle israelische Kontaktsperre gilt zwar weiterhin für FPÖ-Regierungsmitglieder, demnächst aber nicht mehr für die parteifreie, von den Freiheitlichen nominierte Außenministerin.
New York. Israel will seinen Bann gegen die österreichische Außenministerin Karin Kneissl aufheben. Das erfuhr „Die Presse“ aus diplomatischen Kreisen wenige Stunden vor einem Treffen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz am Rande der UN-Generalversammlung in New York. Unmittelbar nach Angelobung der türkis-blauen Bundesregierung hatte Netanjahu im Dezember 2017 angeordnet, Kontakte mit FPÖ-Ministern zu unterlassen. Unter diese Sperre fiel zunächst auch die parteifreie Außenministerin, weil sie von den Freiheitlichen nominiert worden war. Nun haben die Israelis Kneissl neu bewertet und diese Anweisung rückgängig gemacht.
Der offizielle israelische Boykott gegen FPÖ-Politiker bleibt nach Informationen der „Presse“ jedoch vorerst aufrecht. Die Maßnahme geht auf das Jahr 2000 zurück, als Israel aus Protest gegen die Schwarz-blaue Regierung anfangs sogar seinen Botschafter abzog. Diesmal fiel die Reaktion weit weniger harsch aus. Die diplomatische Vertreterin Israels, Talya Lador-Fresher, blieb auf ihrem Posten. Und auch bei der Sperre gegen Freiheitliche ließ Netanjahu von Anfang an eine Hintertür auf. Er wies den Generalsekretär des Außenministeriums an, „eine professionelle Bewertung über die Art und Weise der Kontakte gegenüber der neuen Regierung vorzunehmen“. Damit war von Anfang an nicht ausgeschlossen, dass Israel seine Haltung überdenken könnte. Mit Kurz hielt Netanjahu die Beziehungen stets aufrecht. Die beiden haben ein gutes, ja freundschaftliches Verhältnis. Als der Bundeskanzler im Frühjahr den israelischen Premier besuchte, bezeichnete er die Unterstützung Israels als moralische Verpflichtung und Teil der Staatsraison Österreichs.
Netanjahu hätte die Blauen womöglich gleich nach der Vereidigung der türkis-blauen Regierung von der schwarzen Liste genommen. Ihm war nicht entgangen, dass die FPÖ sich seit Jahren um pro-israelische Töne bemüht. Doch ebenso auf der Hand lag das Kalkül der Freiheitlichen: In ihrem Schwenk vom Antisemitismus zum Islamhass wollten sie sich weißwaschen in Israel. Vor allem aber hatte und hat in der Angelegenheit das Wort der jüdischen Gemeinde in Wien Gewicht. Und dort überwiegt bis heute die Skepsis gegen die FPÖ, wiewohl deren wiederkehrende Warnungen vor einem neuen Antisemitismus im Zuge der Masseneinwanderung im Jahr 2015 manchen imponierte.
Netanjahu ist ein Pragmatiker und gewiefter Taktiker. Wie er Kurz schon bei der Münchner Sicherheitskonferenz im heurigen Februar mitteilte, erwartet er für die Lockerung seiner Haltung gegenüber der FPÖ Gegenleistungen – Unterstützung bei Abstimmungen in der UNO oder auch symbolische Gesten. Punkte sammelte die Regierung etwa, als der österreichische Botschafter an einem israelischen Empfang aus Anlass der Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem teilnahm.