Fall Khashoggi: Leibwächter des Kronprinzen als Tatverdächtiger?

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Angeblich stecken Leute aus dem Umfeld des Kronprinzen hinter dem Verschwinden des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi. Auch eine weitere internationale Reaktion wird für das Königreich zum Problem.

Im Fall des verschwundenen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi sollen Verdächtige einem US-Medienbericht zufolge dem Umfeld von Kronprinz Mohammed bin Salman angehören. So habe ein Verdächtiger namens Maher Abdulaziz Mutreb den saudi-arabischen Kronprinzen in diesem Jahr bei Reisen in die USA, nach Spanien und Frankreich begleitet, berichtete die "New York Times" am Dienstagabend.

Möglicherweise handle es sich um einen Leibwächter. Drei andere Verdächtige würden ebenfalls dem Sicherheitsdienst des Kronprinzen zugerechnet, schreibt die "New York Times". Bei einem weiteren Verdächtigen handle es sich um einen Gerichtsmediziner, der in Saudi-Arabien hohe Ämter bekleidet habe. Von den 15 Verdächtigen, welche die türkischen Behörden ausgemacht haben, hätten mindestens neun für saudi-arabische Sicherheitsdienste, die Armee oder Ministerien gearbeitet.

Die "New York Times" beruft sich bei ihren Angaben auf Software zur Gesichtserkennung, eine Datenbank mit saudi-arabischen Handy-Nummern, öffentlich gewordene saudi-arabische Regierungsdokumenten, Zeugenaussagen und Medienberichte.

Sollten sich die Angaben der "New York Times" bewahrheiten, würde dies die Verteidigungslinie der saudi-arabischen Führung und des Kronprinzen schwächen. Der Kronprinz hat nach Worten von US-Präsident Donald Trump jede Kenntnis von den Vorgängen im Konsulat in Istanbul "absolut bestritten".

Von Khashoggi fehlt jede Spur, seit er vor rund zwei Wochen das Konsulat Saudi-Arabiens in Istanbul betrat. Türkische Ermittler hegen den Verdacht, dass er dort ermordet wurde.

Eine Absage nach der anderen

Jedenfalls wird die Causa für Saudi-Arabien, das sich gerade wirtschaftlich öffnen will, immer mehr zum Problem. So teilte an Sprecher des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Dienstagabend (Ortszeit) in Washington mit, dass IWF-Chefin, Christine Lagarde, ihre geplante Reise in den Nahen Osten verschoben, wo sie an einer großen Investoren-Konferenz in Saudi-Arabien teilnehmen wollte, verschoben hat. Noch vor wenigen Tagen hatte Lagarde erklärt, sie werde trotz erheblicher Vorwürfe gegen die politische Führung des Königreichs in Zusammenhang mit dem Verschwinden des Journalisten Jamal Khashoggi nach Riad reisen.

Am 23. Oktober soll eine große Investorenkonferenz mit einem Großaufgebot an Prominenz aus Wirtschaft und Politik in Riad steigen. Nach den Vorkommnissen um Khashoggi hagelte es jedoch bereits Absagen. Unter anderem haben der Chef der Großbank HSBC, John Flint, sowie die Vorstandsvorsitzenden des Unterhaltungskonzern Viacom und vom Fahrdienstleister Uber abgesagt. Auch der britische Großinvestor Richard Branson hatte bereits zurückgezogen. Auch zahlreiche Medien werden dem Treffen fernbleiben.

Bisher nicht offiziell abgesagt haben unter anderem US-Finanzminister Steven Mnuchin und der Vorstandsvorsitzende von Siemens, Joe Kaeser. Von Siemens hatte es am Dienstag geheißen, man beobachte die Situation noch.

(APA/red.)

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