Berlin rät Türkei-Reisenden zur Vorsicht in sozialen Netzwerken

 Recep Tayyip Erdogan bei der Eröffnung einer Moschee in Köln Ende September - per Smartphone live in soziale Netzwerke übertragen.
Recep Tayyip Erdogan bei der Eröffnung einer Moschee in Köln Ende September - per Smartphone live in soziale Netzwerke übertragen.REUTERS
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Im Einzelfall sei bereits das Teilen oder "Liken" regierungskritischer Beiträge Anlass für ein Strafverfahren in der Türkei, warnt das deutsche auswärtige Amt.

Das Auswärtige Amt in Berlin hat deutsche Reisende in der Türkei zur Vorsicht bei der Nutzung sozialer Netzwerke aufgerufen. Im Einzelfall sei bereits das Teilen oder "Liken" regierungskritischer Beiträge Anlass für ein Strafverfahren wegen "Präsidentenbeleidigung" und anderer Delikte, schrieb das Amt am Dienstag in einer aktualisierten Fassung seiner Reisehinweise.

Es müsse davon ausgegangen werden, dass auch nicht-öffentliche Kommentare "etwa durch anonyme Denunziation" an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet würden.

Im Falle einer Verurteilung wegen "Präsidentenbeleidigung" oder "Propaganda für eine terroristische Organisation" riskierten Betroffene mehrjährige Gefängnisstrafen. Dabei drohe eine Strafverfolgung schon bei Äußerungen, "die nach deutschen Rechtsverständnis von der Meinungsfreiheit gedeckt sind". Auch bei Einreiseverweigerungen sei "ein Zusammenhang mit anonymen Denunziationen nicht auszuschließen", betonte das Amt.

Reisehinweise sorgten bereits für Konflikte

Das Auswärtige Amt hatte seine Reisehinweise für die Türkei vor dem Hintergrund der politischen Entwicklung seit dem Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan 2016 sowie der Inhaftierung mehrerer Deutscher mehrfach verändert. Dies sorgte auch für Konflikte zwischen den Regierungen in Ankara und Berlin, weil die Hinweise aus türkischer Sicht zu scharf ausgefallen waren. Der Tourismus ist in der Türkei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

In den am Dienstag aktualisierten Reisehinweisen heißt es weiterhin, es sei in der Türkei "von einem erhöhten Festnahmerisiko auszugehen". Betroffen von den Maßnahmen der türkischen Behörden seien dabei in erster Linie - "aber nicht ausschließlich" - deutsche Staatsbürger mit engen privaten und persönlichen Verbindungen in die Türkei sowie Menschen mit deutscher sowie türkischer Staatsangehörigkeit.

Auch das österreichischen Außenministerium warnt, dass es bei der Einreise in die Türkei zu vorübergehenden Festnahmen und Anhaltungen sowie zu Zurückweisungen kommen könne, ohne dass konkrete Vorwürfe bzw. genaue Gründe seitens der türkischen Behörden bekanntgegeben würden. "In den letzten Monaten kam es bei Ein- und Ausreise vermehrt zu teils mehrwöchiger Inhaftierung österreichischer Staatsbürger aufgrund des Vorwurfes regierungskritischer Äußerungen vor allem in sozialen Medien", heißt es auf der Ministeriumshomepage.

Auch Österreicher im Gefängnis

Anfang September war er 29-jährige österreichische Journalist und Autor Max Zirngast in Ankara festgenommen worden. Er befindet sich weiterhin im Sincan-Gefängnis in Ankara. Anklage gegen ihn wurde bisher nicht erhoben. Der Verdacht gegen den Aktivisten laute auf Mitgliedschaft in einer linksgerichteten "terroristischen Vereinigung", sagten seine Anwälte. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.

(APA/AFP)

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