Beim Iran-Ölboykott macht Trump für Athen und Rom Ausnahmen

Ajatollah Ali Khamenei wetterte in Teheran scharf gegen die US-Regierung unter Trump.
Ajatollah Ali Khamenei wetterte in Teheran scharf gegen die US-Regierung unter Trump. (c) APA/AFP/KHAMENEI.IR/STRINGER
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Seit Montag wollen die USA die iranischen Ölexporte weltweit abwürgen. Doch insgesamt acht Staaten erteilt Washington befristete Sondergenehmigungen.

Tunis/Teheran. Nach außen gab sich Hassan Rohani betont gelassen. Man werde diese „illegalen und ungerechten Sanktionen“ erhobenen Hauptes umgehen, versuchte Irans Präsident in einer Fernsehansprache sein verunsichertes Volk zu beruhigen. Gleichzeitig ging er mit US-Präsident Donald Trump hart ins Gericht. „Ich glaube nicht, dass jemals in der Geschichte Amerikas jemand im Weißen Haus saß, der so auf Gesetz und internationales Recht pfeift.“ Von Montag an sind nun sämtliche Sanktionen des Weißen Hauses gegen die Islamische Republik wieder in Kraft. Das Embargo soll den Iran mit „maximalem Druck“ in die Knie zwingen, seine Ölexporte abwürgen und seinen Anschluss an das internationale Bankensystem kappen.

Bei einem Hintergrundgespräch in Washington, berichteten US-Journalisten süffisant, habe Mike Pompeo das neue Strafpaket angepriesen „als lediglich einen Teil der Anstrengungen der US-Regierung, das Verhalten von Ajatollah Khomeini zu ändern“ – der bekanntlich seit 1989 tot ist.

Aber auch wenn viele Iraner die Verachtung für Trump teilen, für die heimische Misere machen sie in erster Linie Inkompetenz, Korruption und Vetternwirtschaft der eigenen Führung verantwortlich. Und so können auch die antiamerikanischen Parolen des Klerikerregimes nicht übertünchen, dass es im Inneren der Islamischen Republik kräftig gärt. Wenige Monate vor dem 40. Revolutionstag im Februar 2019 ist die Stimmung im Volk rebellischer und frustrierter als je zuvor. Unruhen und Proteste häufen sich. Die Wirtschaftsleistung schrumpft, die Währung kollabiert. Seit Anfang des Jahres haben sich die Lebensmittelpreise fast verdoppelt. In ländlichen Regionen sind mehr als 50 Prozent der Leute arbeitslos. „Mir braucht niemand etwas von Sanktionen zu erzählen“, sagt ein älterer Mann in Teheran. „Das sehe ich jeden Tag beim Einkaufen.“

Neuverhandlung erzwingen

„Unser Ziel ist es, das Regime zu einer klaren Entscheidung zu zwingen. Entweder es gibt sein destruktives Verhalten auf, oder es geht weiter den Weg in den wirtschaftlichen Abgrund“, erklärte Trump zu den, wie er sagte, „härtesten Sanktionen aller Zeiten“. Quasi im Alleingang will der US-Präsident seine iranischen Widersacher zu Neuverhandlungen über ihr Raketen- und Atomprogramm sowie zu einem Politikwechsel zwingen. „Sie schicken uns ständig Nachrichten, dass sie mit uns reden wollen“, spottete Präsident Rohani – „doch Verhandlungen worüber?“ Nur wenn Washington den einseitig aufgekündigten Atomvertrag wieder in Kraft setze, gebe es eine Basis für weitere Gespräche. Die meisten westlichen Firmen haben auf Druck der USA bereits das Weite gesucht. Von dem unter großen Fanfaren wiederbelebten Iran-Geschäft ist kaum noch etwas übrig, obwohl sich die drei europäischen Atom-Unterzeichner Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit aller Macht gegen das amerikanische Diktat stemmen.

Saudiarabien soll Lücken füllen

Letztlich ausschlaggebend für diesen iranisch-amerikanischen Kalten Krieg dürfte daher sein, was aus den Öleinnahmen des Iran künftig wird. Bis zum Frühjahr lagen die Exporte bei rund 2,5 Mio. Barrel pro Tag. Nach der Ankündigung des US-Embargos im Mai gingen sie auf 1,7 Mio. Barrel zurück, ein Verlust, den gestiegene Weltmarktpreise teilweise wieder wettmachten. Washington werde es nicht schaffen, die iranischen Ölausfuhren unter eine Million Barrel pro Tag zu drücken, brüstete sich dieser Tage Vizepräsident Eshaq Jahangiri – das Minimum, das sein Land zum wirtschaftlichen Überleben braucht.

Und so agiert die Islamische Republik wieder voll im lang erprobten Sanktionsmodus. Alle ihre Öltanker haben ihre Positionssignale abgeschaltet und sich wieder in Geisterschiffe zurückverwandelt. Andere wurden umgeflaggt. Zudem hat Russland offenbar angeboten, iranisches und russisches Öl zu vermischen und beides dann zusammen loszuschlagen.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien dagegen kündigten an, trotz aller amerikanischen Drohungen weiterhin offiziell iranisches Öl und Gas abzunehmen. Ob dies tatsächlich so kommt, ist allerdings offen. Einzig Italien und Griechenland sind vorerst aus dem Schneider. Beide erhielten am Montag von Washington zusammen mit China, Indien, Taiwan, Südkorea, Japan und der Türkei befristete Ausnahmegenehmigungen, die ihnen noch bis Mai 2019 iranische Importe erlauben. Freunde und Verbündete, die vom Öl abhängig sind, sollten nicht leiden, erklärte der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, zur Begründung. Gleichzeitig bekräftigte Saudiarabien am Wochenende seine Bereitschaft, die iranische Lücke durch höhere Produktion zu schließen, um einem Anstieg der Ölpreise entgegenzuwirken und Lieferengpässe zu vermeiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2018)

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