US-Midterm-Wahlen: Warum in Florida noch immer ausgezählt wird

In Florida werden die Stimmen der Senatswahl erneut ausgezählt, weil das Ergebnis so knapp ausfiel.
In Florida werden die Stimmen der Senatswahl erneut ausgezählt, weil das Ergebnis so knapp ausfiel.APA/AFP/MICHELE EVE SANDBERG
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Die Nachzählung der Nachzählung bei der Senatswahlen in Florida macht US-Präsident Trump ungeduldig, er spricht von einem Versuch, die Wahl zu "stehlen". Dabei wird sich sein Kandidat vermutlich durchsetzen.

Mehr als eine Woche nach den Kongresswahlen in den USA gibt es noch immer kein Ergebnis bei einem wichtigen Rennen in Florida. Stimmen müssen mühsam per Hand nachgezählt werden, das Chaos wirkt groß. Und Donald Trump sorgt mit kruden Bemerkungen für Aufsehen.

Ein Kandidat, der sich zum Sieger erklärt, obwohl noch Stimmen ausgezählt werden müssen. Alte Wahlmaschinen, die überhitzen und falsch auszählen. Helfer, die Stimmen per Hand nachprüfen müssen. Es sind chaotische Szenen, die sich derzeit in Florida abspielen. Mehr als eine Woche nach den Kongresswahlen steht in dem wichtigen Senatsrennen dort noch immer kein offizieller Sieger fest - und der Streit darüber ist groß. Florida ist zum Schauplatz eines Machtkampfes zwischen Donald Trumps Republikanern und den Demokraten geworden.

Ein "Swing State" par excellence

Florida ist seit langem ein besonders umkämpftes Terrain zwischen den beiden Parteien, weswegen Wahlen dort politisch immer sehr aufgeladen sind. Der Staat mit seinen rund 21 Millionen Einwohnern gilt als "Swing State", also als einer, in dem weder Demokraten noch Republikaner über eine strukturelle Mehrheit verfügen und deswegen vor einer Wahl nicht eindeutig absehbar ist, welche Partei hier den Sieg holen wird. Die Rennen sind hier meist sehr knapp. Das war auch bei den Kongresswahlen in der vergangenen Woche nicht anders.

Die Senatswahl, bei der der bisherige Gouverneur des Bundesstaates, Rick Scott, den demokratischen Amtsinhaber Bill Nelson herausforderte, stand von vornherein stark im Fokus. Die Republikaner hofften darauf, den Demokraten den Sitz streitig zu machen, um so ihre Mehrheit im Senat ausbauen zu können. Für die Demokraten wiederum galt es, den Posten zu halten, wenn sie sich noch Hoffnungen machen wollten, die Kontrolle über die Kammer zu gewinnen.

Am Wahlabend vor über einer Woche lieferten sich Scott und Nelson ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Gegen 23 Uhr führte Scott um rund 58.000 Stimmen. Um Mitternacht trat er vor Anhänger und erklärte sich zum Gewinner. Zu diesem Zeitpunkt hatte nur der Sender Fox News ihm den Sieg zugeschrieben, nicht aber andere Medien wie die Nachrichtenagentur AP, die bei den Ergebnissen als wegweisend gilt. Über Nacht schrumpfte der Abstand zwischen beiden Kandidaten auf nur noch 0,42 Prozentpunkte.

Wahlamt fand keine Hinweise auf Manipulation

Die Auszählung zog sich hin und die Republikaner zeigten sich ungeduldig. Scott warf den Verantwortlichen in dem Bezirk Broward County Wahlbetrug vor und forderte eine Untersuchung der Behörden. Auch Trump witterte Manipulationsversuche in dem County - einer Hochburg der Demokraten. Das Wahlamt des US-Staates entsandte Mitarbeiter dorthin und erklärte anschließend, bisher habe man keine Hinweise auf kriminelle Aktivitäten finden können.

Andere Experten kommen ebenfalls zu dem Schluss, dass es für die von Trump und Scott unterstellten Manipulationsversuche keine Anzeichen gibt. Die einzige Form von Betrug, auf die man derzeit Hinweise habe, sei, dass Menschen, die in zwei Staaten als Wähler registriert seien, in Florida abgestimmt hätten und erwischt wurden, sagt die Politikwissenschaftlerin Susan MacManus von der University of Southern Florida. Das gebe es aber bei jeder Wahl in Florida.

Briefwahl und andere Auszähl-Verzögerer

Dass sich die Auszählung so lange hinzog, hat mehrere Gründe. MacManus verweist auf die unterschiedlichen Möglichkeiten, zu wählen. Wenn man sich für die Briefwahl entscheidet, muss der Stimmzettel spätestens um 19.00 Uhr am Wahltag auf dem Wahlamt sein. "Große Bezirke, die am Wahltag viele dieser Stimmzettel erhalten, haben nicht die Zeit, die Unterschriften darauf mit den online hinterlegten Unterschriften zu vergleichen", erklärt MacManus.

Auch die "provisorischen Wahlzettel" erhöhten den Zeitaufwand, sagt die Wissenschafterin. Wenn jemand etwa angibt, er sei für die Wahl registriert, die Verantwortlichen ihn aber nicht in ihren Listen finden, kann er zunächst trotzdem wählen. Die Zettel werden dann überprüft und gegebenenfalls mitgezählt. Außerdem kommen noch Stimmzettel aus dem Ausland hinzu - etwa von Militärstützpunkten.

Die Szenen, die sich derzeit in Florida abspielen, erinnern an das Jahr 2000, als die Stimmen für die Präsidentenwahl zwischen George W. Bush und seinem Konkurrenten Al Gore in einigen Bezirken des US-Staates nachgezählt werden mussten, was dann wiederum auf Antrag Bushs vom Obersten Gerichtshof gestoppt wurde. Bush gewann schließlich mit einem Vorsprung von 537 Stimmen.

Seither hat Florida die Regeln für eine Nachzählung standardisiert. Die Wahlgesetze schreiben es nun vor, dass es eine maschinelle Neuauszählung der Stimmen geben muss, wenn der Unterschied zwischen zwei Kandidaten 0,5 Prozentpunkte unterschreitet. Das war in dem Senats- und dem Gouverneursrennen in Florida nun der Fall. Am vergangenen Samstag ordneten die Behörden die Nachzählung an.

Trump zeigte sich äußerst ungehalten über die Entwicklungen. Auf Twitter sprach er von dem Versuch, "zwei große Wahlen in Florida zu stehlen" und fügte hinzu: "Wir schauen uns das ganz genau an!"

Klagen von allen Seiten

Beide Parteien reichten mehrere Klagen ein. Das Chaos schien perfekt, als im Bezirk Palm Beach County veraltete Maschinen zur Stimmzählung überhitzten und deswegen falsche Ergebnisse lieferten. Etliche Stimmen mussten deswegen erneut gezählt werden. Es sollte nicht die einzige Hiobsbotschaft bleiben. Als die Frist für die maschinelle Nachzählung am Donnerstag auslief, verpasste der Bezirk Broward County sie um zwei Minuten, wie die Zeitung "Sun Sentinel" und andere Medien berichteten. Das Wahlamt akzeptierte die Ergebnisse demnach nicht mehr, berücksichtigt wird nun der Stimmenstand vom Samstag.

Auch nach der maschinellen Nachzählung war das Drama noch nicht vorbei. Da der Abstand zwischen beiden Kandidaten 0,25 Prozentpunkte unterschritt, mussten Stimmen per Hand überprüft werden. Dabei ging es um die, die von den Maschinen abgelehnt wurden - entweder weil ein Wähler offenbar mehr als einen Kandidaten ausgewählt hat oder weil er für gar keinen gestimmt hat. Auf einem Foto war ein Stimmzettel zu sehen, bei dem die Helfer klären mussten, ob mehr Tinte in dem Kreis neben Scotts Namen war oder in dem neben Nelsons.

Es galt dennoch als wahrscheinlich, dass Scott als Sieger aus dem Rennen hervorgehen könnte. Ohnehin ist es selten, dass eine Nachzählung etwas an dem Ergebnis ändert. Die Organisation "FairVote" kam 2016 in einer Untersuchung zu dem Schluss, dass bei 27 Nachzählungen im Zeitraum von 2000 bis 2015 überwiegend kein neuer Stand herauskam. Nur in drei Fällen änderte sich etwas am Ergebnis.

(APA/dpa)

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