Die Strategie der Amerikaner in Österreich

US-Botschafter in Österreich Trevor Traina
US-Botschafter in Österreich Trevor TrainaClemens Fabry
  • Drucken

In einem Papier des US-Außenamts wollen die USA Russlands und Chinas Einfluss in Wien zurückdrängen. Botschafter Traina bestreitet, dass US-Dienste bestimmte Informationen nicht mehr teilen, seit die pro-russische FPÖ an der Macht ist.

Auf 16 Seiten legte das US-Außenministerium seine Strategie für Österreich offen. Für besonderes Aufsehen auf dem Wiener Ballhausplatz sorgte dabei das Ziel Nummer vier, in dem davon die Rede ist, Österreichs Rolle als „verlässlicher Partner“ im Sicherheitsbereich zu erhöhen. Denn in dieser Passage werden nicht nur Zweifel an der Zuverlässigkeit der Russland-freundlichen FPÖ deutlich. Es wird darin auch ausdrücklich erwähnt, dass sich die USA deshalb zurückhalten mit dem Austausch nachrichtendienstlicher Informationen.

Dass die rechtspopulistische Partei das Innenministerium führe, sei Chance und Herausforderung zugleich, heißt es in dem am 30. Oktober auf der Homepage des State Department veröffentlichen Papier. Das österreichische Innenministerium erkenne zwar den Wert der Zusammenarbeit mit den US-Behörden im Kampf gegen Terror, Cyberkriminalität und grenzüberschreitendes Verbrechen an. „Die pro-russische Haltung der FPÖ sollte zugleich jedoch zu einem Innehalten führen, und das tut es auch, wenn es um das Teilen bestimmter Arten sensibler Information geht.“

US-Botschafter Trevor Traina wiegelte am Rande eines Dinners, das Bundeskanzler Sebastian Kurz aus Anlass der Antisemitismuskonferenz gab, gegenüber der „Presse“ und der „Kleinen Zeitung“ ab. Mehr noch: Er stellte in Abrede, dass Österreich von den US-Nachrichtendiensten geschnitten werde. Das Strategiepapier sei schon vor Monaten, noch vor seiner Ankunft als Botschafter von der politischen Sektion der US-Vertretung in Wien erstellt worden und deshalb überholt. „Die USA teilen ohne jedes Zögern Informationen mit der österreichischen Bundesregierung. Alle Minister haben unser volles Vertrauen“, erklärte Traina. Vor zwei Wochen erst habe er FPÖ-Innenminister Herbert Kickl in Washington zu einem ausführlichen Gespräch mit US-Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen begleitet. Die beiden hätten einen Folgetermin vereinbart, so Traina. Es wäre in Washington auch ein Treffen zwischen Kickl und dem US-Justizminister vorgesehen gewesen, doch Jeff Sessions sei am Tag davor zurückgetreten.

Alternative zu „russischer Dominanz“

Nach Darstellung Trainas arbeiten die US-Nachrichtendienste fast täglich mit den Behörden in Wien zusammen. Insgesamt dürfte den Österreichern zuletzt jedoch einige Skepsis entgegengebracht worden sein. Unlängst musste das Innenministerium bestätigen, dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung (BVT) bis Oktober „freiwillig“ aus dem Berner Club, einem Zusammenschluss westlicher Inlandsgeheimdienste, zurückgezogen habe, um „Vertrauensvorbehalten“ entgegenzuwirken. Die BVT-Affäre und die Russland-Affinität der FPÖ hatten sicherlich nicht dazu beigetragen, Vertrauen herzustellen.

Aufgegriffen hatte das Strategiepapier des US-Außenamts Recherchen der APA zufolge zunächst auch voller Wonne das russische Propagandamedium „Sputnik“, und zwar mit dem Titel: „USA wollen, dass Russland aufhört, Österreich zu dominieren.“ Tatsächlich bezeichnen die Amerikaner in ihrem Leitfaden die russische Dominanz des österreichischen und regionalen Gasmarkts als Herausforderung. Deshalb werde Amerika alternative Gaslieferrouten fördern.

Insgesamt setzen sich die USA zum dringenden Ziel, dem „wachsenden russischen und chinesischen Einfluss in Österreich“ entgegenzuwirken. Man werde die Österreicher zudem dazu „drängen“, in der EU für eine baldige Aufnahme der Westbalkanstaaten zu plädieren und sich noch stärker als bisher an den Militärmissionen in Afghanistan und im Kosovo zu beteiligen. Mit dem „bereits heftigen“ US-Militärtransitverkehr durch und über Österreich zeigen sich die Amerikaner zufrieden. Sie wollen jedoch auch diesbezüglich die Zusammenarbeit noch steigern.

Und weil die Türkei die Teilnahme österreichischer Soldaten an Programmen der Nato-Partnerschaft für den Frieden blockiert, haben die USA ein Trostpflaster für das Bundesheer parat: Sie bieten den österreichischen Soldaten mehr gemeinsame Trainings mit der US-Armee an, damit sie „qualifiziert bleiben“ für friedenserhaltende Einsätze in Nato-Missionen.

DAS PAPIER

Das US-Außenamt veröffentlicht auf seiner Homepage „integrierte Länderstrategien“ zu Staaten rund um den Globus. Am 30. Oktober erschien das Papier zu Österreich. Erstellt hat es die US-Botschaft in Wien. Jedoch noch vor seiner Ankunft im Sommer, beteuert US-Botschafter Trevor Traina. Zuständig war demnach der damalige Geschäftsträger Eugene Young, der inzwischen in Israel tätig ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

US-Botschafter Trevor Traina: „Es ist populär, sich über die USA zu beklagen.“
Außenpolitik

US-Botschafter Traina: „Gerede um transatlantische Kluft übertrieben“

Trevor Traina, der neue US-Botschafter in Wien, will auch nach dem Nato-Gipfel und dem Treffen Trump/Putin keine Spannungen mit Europa sehen. Er spricht über Österreichs Beziehungen zum Iran, über Sebastian Kurz und die FPÖ.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.