Selbstmordattentäter griffen afghanisches Ministerium an

REUTERS/Mohammad Ismail
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Unbekannte attackieren das Telekommunikationsministerium in der afghanischen Hauptstadt. Rund 2000 Angestellte saßen stundenlang fest, zwei Menschen kamen ums Leben.

Das afghanische Kommunikationsministerium in Kabul ist am Samstag zum Ziel eines Selbstmordanschlags geworden. Nach Regierungsangaben sprengten sich zunächst mehrere Attentäter vor dem 18-stöckigen Hochhaus in die Luft. Danach eröffneten Angreifer das Feuer, es kam zu Feuergefechten mit Sicherheitskräften. Während des rund sechsstündigen Angriffs saßen etwa 2000 Zivilisten in dem Haus fest. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden zwei Menschen getötet und sechs verletzt.

Am Nachmittag (Ortszeit) erklärte das Innenministerium den Angriff für beendet. "Alle Suizid-Bomber getötet, mehr als 2000 Zivil-Mitarbeiter gerettet", twitterte das Ministerium. Das Präsidialamt sprach von einem "Terroranschlag", der auf das Konto der "Feinde Afghanistans" gehe. Zu dem Angriff bekannte sich zunächst niemand.

Das Gebäude des Kommunikationsministeriums gilt als das höchste in der afghanischen Hauptstadt. Da der Samstag in Afghanistan ein Arbeitstag ist, war es voll besetzt. Angestellte flohen in Panik in die oberen Stockwerke, als sich Angreifer und Sicherheitskräfte beschossen.

Eine Frau berichtete der Nachrichtenagentur AFP, sie sei mit etwa 30 Kollegen von ihrem Büro im zehnten Stock ins 18. Stockwerk geflohen. "Die Frauen haben geschrien", sagte sie. "Die Kinder aus dem Kindergarten waren die ersten, die gerettet wurden." Ein Mann namens Syed Jaillani Jallan schrieb bei Facebook, er sitze in dem Gebäude fest. "Bitte betet für uns, denn der Feind ist uns sehr nahe gekommen".

Unterschiedliche Angaben über Angreifer-Anzahl

Das Ministerium ist rund zwei Kilometer von der sogenannten grünen Zone entfernt, dem stark gesicherten Diplomatenviertel in Kabul. Über die Zahl der Angreifer gab es zunächst widersprüchliche Angaben. Das Kommunikationsministerium erklärte im Onlinedienst Twitter, drei Selbstmordattentäter hätten ein Postamt an dem Ministerium angegriffen. Kabuls Polizeichef Sayed Mohammed Roshan Dil sagte dem Fernsehsender Tolo, vier Angreifer in Polizeiuniformen hätten einen Schrein in der Nähe des Ministeriums attackiert.

Sowohl die radikalislamischen Taliban als auch die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) haben in Kabul schon mehrfach tödliche Anschläge verübt. Beim blutigsten Anschlag des vergangenen Jahres mit mehr als hundert Toten war ein mit Sprengstoff beladener Rettungswagen im Stadtzentrum explodiert.

Taliban haben Einfluss ausgeweitet

Die radikalislamischen Taliban greifen seit dem Abzug der Nato-Schutztruppen Ende 2014 verstärkt Regierungsziele an. Nach einem US-Bericht haben sie ihren Einfluss und ihr Territorium weiter ausgeweitet. Am Vortag des Angriffs hatten Gespräche über einen Friedensschluss zwischen den Taliban und afghanischen Regierungsvertretern in Katars Hauptstadt Doha stattfinden sollen, sie wurden aber abgesagt.

Der Attacke waren mehrere Monate einer relativen Ruhe vorausgegangen. In dieser Zeit gab es mehrere Gespräche zwischen Vertretern der USA und der Taliban. Die Beratungen sollen den Weg ebnen für formelle Friedensverhandlungen zwischen den Extremisten und der afghanischen Regierung und ein Ende des seit mehr als 17 Jahren dauernden Krieges.

Im Zuge der Frühjahrsoffensive der Taliban kam es landesweit zu Gefechten mit der afghanischen Armee. In Kabul dagegen gab es in den vergangenen Wochen keine größeren Angriffe auf zivile Ziele. Es wurden aber bei zahlreichen Anschlägen der Taliban und auch der radikal-islamischen IS-Miliz in der Hauptstadt bereits Hunderte Menschen getötet.

(APA/dpa/Reuters)

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