Serbien: Kosovo-Anerkennung wäre "Mission impossible"

AFP (JOHN MACDOUGALL)
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Der serbische Außenminister wirft der kosovarischen Regierung vor, gar keinen Dialog, sondern nur Anerkennung durch Serbien zu suchen. In Paris hatte man einander Konstruktivität versprochen.

Die Bilanz der Westbalkankonferenz am Montag in Berlin fällt in Serbien ernüchternd aus. Das Treffen habe "keine spektakulären Resultate" gebracht, was die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen Belgrad und Prishtina angehe, erklärte der serbische Außenminister Ivica Dacic am Dienstag dem öffentlich-rechtlichen TV-Sender RTS. Eine Anerkennung des Kosovo bezeichnete er als "Mission impossible".

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron hätten das Berliner Treffen "in guter Absicht" organisiert, "zusätzlichen Druck auf Prishtina zur Wiederaufnahme des Dialogs" auszuüben, sagte Dacic. Der Kosovo weigere sich aber die Zölle für Importe aus Serbien aufzuheben, was die Voraussetzung für eine Fortsetzung der Gespräche zu Beilegung des Konflikt sei, sagte Dacic. Er warf den kosovarischen Behörden vor, gar nicht am Dialog mit Belgrad interessiert zu sein. "Prishtina will den Dialog töten, weil es ihn nicht braucht", so Dacic. Die kosovarischen Behörden würden nur eine Anerkennung des Kosovo durch Serbien anstreben.

Verhärtete Fronten

Belgrad lehnt eine Anerkennung seiner einstigen Provinz als eigener Staat ab. Der mehrheitlich albanisch bewohnte Kosovo hatte im Februar 2008 seine Unabhängigkeit verkündet und wurde bisher von mehr als 100 Staaten anerkannt. Anfang Juli soll ein erneutes Treffen der Westbalkanstaaten in Paris stattfinden, wie der serbische Präsidenten Aleksandar Vucic verkündete. Merkel und Macron hoben hervor, dass es bei den Gesprächen mit den betroffenen Staaten im Kanzleramt nicht um einen Beitritt zur EU gehe, obgleich man sich einer europäischen Perspektive dieser Länder verpflichtet fühle.

Zumindest will man weiter miteinander reden. Unter Vermittlung der EU sollen sich beide Staaten "konstruktiv" in den Dialog einbringen, um eine Lösung zu erzielen, hieß es in der Nacht auf Dienstag. Ähnliche Absichtserklärungen Serbiens und des Kosovo endeten in der Vergangenheit nach kurzer Zeit allerdings stets in neuem Streit.

Die Teilnehmer der Konferenz unterstrichen die Bedeutung eines rechtlich bindenden Abkommens zwischen Belgrad und Prishtina zur Normalisierung ihrer Beziehungen. Dies würde nicht nur zur Stabilität in der Region beitragen, sondern wäre auch von zentraler Bedeutung für den Weg Serbiens und Kosovos nach Europa.

Positives Beispiel Mazedonien

Serbien führt seit 2014 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die Aussöhnung mit dem Kosovo gilt aber als zentrale Bedingung dafür, dass die Gespräche irgendwann einmal erfolgreich abgeschlossen werden können. Der fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo war früher eine serbische Provinz und hatte sich 2008 nach dem Kosovo-Krieg 1998/99 und Jahren unter UNO-Verwaltung mangels einer Verhandlungslösung mit Belgrad mit Unterstützung internationaler Partner einseitig für unabhängig erklärt. Im Krieg hatte die Nato serbische Truppen mit Luftangriffen zum Rückzug aus dem Kosovo gezwungen, um die albanische Bevölkerung vor drohenden ethnischen Säuberungen zu schützen.

Merkel und Macron hoben das positive Beispiel Mazedoniens hervor, wo es im Streit mit Griechenland um den Staatsnamen vor kurzem eine Lösung gegeben hat. Die frühere jugoslawische Republik Mazedonien wurde erst im Februar in Nordmazedonien umbenannt, Athen beendete damit seine jahrelange Blockade des Nachbarn und gab unter anderem den Weg frei für die Mitgliedschaft Skopjes in der Nato. Nun könnten auch EU-Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden.

Merkel und Macron hatten die Staats- und Regierungschefs von Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Kosovo, Montenegro, Serbien und Slowenien ins deutsche Kanzleramt eingeladen, um Lösungsmöglichkeiten des Konflikts zwischen Serbien und dem Kosovo auszuloten. Zu dem Treffen war auch die für die Vermittlung im Kosovo-Konflikt zuständige EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini eingeladen.

Kosovo für Korrektur von Grenzen

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic sagte dem ZDF noch vor dem Treffen, ein Kompromiss sei nötig. Er wolle sich gerne die Vorschläge seiner Gastgeber anhören. "Wenn es klügere Vorschläge gibt, bin ich sehr bereit zuzuhören. Aber bisher habe ich noch keine klügeren gehört. Falls es welche gibt, sind wir jederzeit bereit, unsere Antworten so schnell wie möglich zu liefern."

Der kosovarische Präsident Hashim Thaci machte zuvor deutlich, dass er einen Landtausch mit Serbien strikt ablehnt. "Ich werde niemals einem Austausch von Territorien zustimmen, ich treibe keinen Handel mit Territorien des kosovarischen Staatsgebiets", hatte Thaci der dpa gesagt. Er sei allerdings für eine "Korrektur von Grenzen" und die Eingliederung mehrerer mehrheitlich albanisch bevölkerter serbischer Gemeinden in das Staatsgebiet des Kosovos. Serbien solle im Gegenzug dafür eine Perspektive für einen EU-Beitritt erhalten.

(APA/dpa)

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