Von britischen Medien ausgelöst kursierten Mittwochabend Gerüchte über einen May-Rücktritt in der Nacht. Die Regierung wies diese zurück.
Nach der breiten Ablehnung ihres jüngsten Vorschlags zur Lösung der Brexit-Krise sieht sich die britische Premierministerin Theresa May verstärkt Rücktrittsforderungen ausgesetzt. Für vorübergehende Unruhe - auch an den Finanzmärkten - sorgten Medienberichte, in denen von Gerüchten über einen angeblichen Rücktritt Mays noch am Mittwochabend die Rede war.
Die britische Regierung wies die Rücktritts-Spekulationen umgehend zurück. Es werde am Abend keine Erklärung der Premierministerin mehr geben, sagte eine Regierungssprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Medien lösten Spekulationen aus
Britische Medien hatten zuvor Berichte über angebliche Rücktrittspläne von Premierministerin Theresa May verbreitet. Der Politik-Chefredakteur von Sky, Jon Craig, und sein Kollege von der Zeitung "Daily Mail", Jason Groves, setzten entsprechende Nachrichten auf Twitter ab.
Craig erklärte auf dem Kurznachrichtendienst unter Berufung auf einen hochrangigen Abgeordneten, May werde noch in der Nacht ihren Rückzug bekanntgeben. Allerdings seien diese Angaben nicht bestätigt. Groves schrieb von Gerüchten, dass May in der Nacht eine Erklärung an ihrem Amtssitz in der Downing Street abgeben wolle. Auch diese Angaben seien nicht bestätigt, jedoch auch nicht dementiert worden.
Die Zeitung "Times" und der Sender BBC berichteten, dass sich Innenminister Sajid Javid mit May treffen wolle. Er gilt als Schwergewicht im Kabinett. "Die Lage wird sehr ernst", schrieb die BBC-Journalisten Laura Kuenssberg auf Twitter. Später ergänzte sie, Außenminister Jeremy Hunt habe um ein Treffen mit May unter vier Augen gebeten.
Baldiger Abgang empfohlen
Das Britische Pfund erholte sich nach dem Sky-Bericht etwas von den vorherigen Verlusten zum Dollar. Experten zufolge kamen am Markt wohl Hoffnungen auf, ein neuer Regierungschef könne den Stillstand beim Brexit überwinden. Mays jüngster Vorschlag zum weiteren Vorgehen war zuvor auf Ablehnung gestoßen.
Unterdessen sprachen sich aber weitere Tory-Abgeordnete für einen baldigen Abgang der Regierungschefin aus. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Parlament, Tom Tugendhat, rief May dazu auf, ihren Rücktritt nach der britischen Wahl zum Europaparlament an diesem Donnerstag anzukündigen. "Es gibt noch eine letzte Gelegenheit, es richtig zu machen und in geregelter Weise zu gehen", schrieb Tugendhat in einem Gastbeitrag für die "Financial Times" (Donnerstag).
Die Premierministerin hatte am Dienstag versucht, ihre Kritiker mit Zugeständnissen umzustimmen. Sie stellte einen Gesetzentwurf vor, der unter anderem engere Handelsbeziehungen zur EU nach dem Abschied aus der Staatengemeinschaft vorsieht sowie die Möglichkeit eines weiteren Referendums. Damit wollte sie insbesondere Labour für sich gewinnen, auf deren Stimmen sie im Parlament angesichts vieler Abweichler in der eigenen Partei angewiesen ist. Allerdings stellte sich bis zum Mittwochnachmittag heraus, dass auch dieser Vorstoß zum Scheitern verurteilt sein dürfte.
Kommt Gesetzesänderung?
Der einflussreiche 1922-Ausschuss der regierenden Konservativen Partei hatte am Mittwoch über die Zukunft Mays beraten. Das Gremium ist für die Organisation der Wahl und auch einer Abwahl des Parteichefs zuständig. Spekuliert wurde, der Ausschuss könne die Regeln ändern, um ein baldiges Misstrauensvotum gegen May als Parteichefin und damit als Premierministerin zu ermöglichen.
Bisher kann ein Misstrauensvotum nur einmal in zwölf Monaten stattfinden. Ein erster Versuch war im vergangenen Dezember gescheitert. Laut BBC kam es dazu aber am Mittwoch noch nicht. May werde allerdings am Freitag mit dem Vorsitzenden des einflussreichen 1922-Ausschusses, Graham Brady, zusammentreffen, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA.
May hat mit der EU im November einen Brexit-Vertrag ausgehandelt. May will am Freitag den Entwurf für ein Gesetz vorlegen, mit dem sie ihr inzwischen drei Mal abgelehntes Abkommen über den EU-Austritt doch noch durchs Parlament bringen möchte. Einen vierten Anlauf im Unterhaus will May im Juni unternehmen. Die Frist für den EU-Austritt läuft bis zum 31. Oktober.
(APA/Reuters)