"Wie ein Faschist": Londoner Bürgermeister brüskiert Trump vor Staatsbesuch

The Mayor of London, Sadiq Khan, looks on as his speech is interrupted by demonstrators at the Fabian Society New Year Conference, in central London
The Mayor of London, Sadiq Khan, looks on as his speech is interrupted by demonstrators at the Fabian Society New Year Conference, in central London(c) REUTERS (SIMON DAWSON)
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Die Äußerungen des US-Präsidenten erinnern den Londoner Bürgermeister Sadiq Khan an "die Faschisten des 20. Jahrhunderts". Trump besucht ab Montag Großbritannien und spricht sich für einen "No-Deal"-Brexit aus.

Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan (Labour) kritisiert den US-Präsidenten Donald Trump kurz vor dessen Staatsbesuch in Großbritannien. Die Sprache, die Trump auf seinen Wahlveranstaltungen verwende, erinnere ihn an "die Faschisten des 20. Jahrhunderts, schreibt Khan in einem Gastbeitrag für den "Observer". Darin spricht er sich dagegen aus, für Trump den roten Teppich auszurollen - geplant sind für den US-Präsidenten unter anderem ein Staatsbankett mit der Queen, und Tee mit Prinz Charles.

"Präsident Trump ist eines der ungeheuerlichsten Beispiele für eine wachsende globale Bedrohung", schreibt Khan. "Die Rechtspopulisten werden stärker, und sie bedrohen die in den vergangenen 70 Jahren hart erkämpfen Rechte, Freiheiten und Werte in unseren liberalen demokratischen Gesellschaften.

Als Beispiele nennt er Viktor Orban in Ungarn, Metteo Salvini in Italien, Marine Le Pen in Frankreich und Niegel Farage in Großbritannien. Sie alle würden mit ihrer Rhetorik die Gesellschaft spalten – "ähnlich den Faschisten im 20. Jahrhundert". Ihr Einfluss werde immer größer – etwas, das vor wenigen Jahren noch nicht denkbar gewesen sei, so Khan.

Khan und Trump sind schon öfter aneinander geraten Nach einem Terroranschlag in London im Juni 2017 hatte der US-Präsident erklärt, Khan nehme die Bedrohung nicht ernst. Später hatte er drei islamfeindliche Videos geteilt. Der Londoner Bürgermeister sagte daraufhin, Trump sei in Großbritannien nicht erwünscht. Bei einem Besuch Trumps in London erlaubte Khan 2018, dass ein riesiger Ballon in Form eines Babys mit dem Gesicht des US-Präsidenten über der Stadt schweben durfte.

Trump für "No Deal"-Brexit

Trump hat sich vor seiner Ankunft in Großbritannien am Montag in zwei Interviews die Brexit-Debatte angeheizt und klar Stellung bezogen. Im Gespräch mit der "Sun" erklärte er seine Sympathie für Boris Johnson als Nachfolger der aus dem Amt scheidenden britischen Premierministerin Theresa May. Im Interview mit der "Sunday Times" empfahl er notfalls einen "No-Deal"-Brexit. "Wenn sie nicht kriegen, was sie wollen, dann würde ich rausgehen", sagte er auf die Frage, was er dem Nachfolger der scheidenden Premierministerin raten würde.

Die in den Interviews von Trump dargestellte Sichtweise entspricht exakt den Vorgaben konservativer US-Kreise, etwa in dem Think Tank "Heritage Foundation", die seit langem einen "No-Deal"-Brexit als US-Interesse darstellen. Hintergrund ist die Aussicht auf ein Handelsabkommen nach Washingtoner Geschmack, mit den zwei dann deregulierten Finanzzentren London und New York im Zentrum. Die Londoner City könnte dann nach Singapurer Vorbild zu einem Steuerparadies werden.

Und für Johnson als Nachfolger Mays

In dem "Sun"-Interview fügte Trump hinzu, er möge Johnson. "Ich habe ihn immer gemocht. Ich weiß nicht, ob er gewählt werden wird, aber ich denke, er ist ein sehr guter Kerl, ein sehr begabter Mensch." Trump hatte der "Sun" bereits bei seinem letzten Besuch im vergangenen Jahr ein Interview gegeben, in dem er May düpierte. Darin warf er der Premierministerin vor, seine Ratschläge bezüglich des EU-Austritts ignoriert zu haben.

May hatte nach einem monatelangen Machtkampf rund um den Brexit vor einigen Tagen ihren Rücktritt angekündigt. Johnson brachte sich umgehend als möglicher Nachfolger in Stellung und drohte mit einem EU-Austritt ohne Abkommen.

Johnson muss vor Gericht

In Umfragen galt Johnson zwar als aussichtsreichster Kandidat unter den bisher etwa ein Dutzend Bewerbern für Mays Nachfolge. Doch das könnte sich schnell ändern: Denn eine Richterin entschied in der vergangenen Woche, dass sich der exzentrische Ex-Außenminister wegen angeblicher Brexit-Lügen vor Gericht verantworten muss. Er soll beim Referendum 2016 und bei der Neuwahl 2017 die Briten durch falsche Zahlen in die Irre geführt haben. Bei den Vorwürfen geht es um die Summe, die Großbritannien wöchentlich an die EU zahlt.

Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, übte scharfe Kritik an Trumps Verhalten. "Das ist ein völlig unakzeptabler Eingriff in die Demokratie unseres Landes", teilte der Alt-Linke mit. Der nächste Premierminister sollte weder vom US-Präsidenten noch von 100.000 nicht-repräsentativen Mitgliedern der Konservativen Partei, bestimmt werden, sondern von den Briten in allgemeinen Wahlen." Corbyn wittert seit längerem seine Chance in Neuwahlen.

Der US-Präsident kritisierte erneut auch die Premierministerin: "Ich denke, dass das Vereinigte Königreich der Europäischen Union erlaubt hat, alle Karten in der Hand zu halten. Und es ist sehr schwer, gut zu spielen, wenn eine Seite alle Vorteile hat." Er habe gegenüber May erwähnt, "dass man sich Munition aufbauen muss". Zugleich versicherte er Großbritannien seine tiefe Zuneigung: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein US-Präsident eurem großartigen Land näher war." Er sei in Großbritannien verliebt.

Es dürfte heftige Proteste geben

Der US-Präsident wird mit First Lady Melania am Montag zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Großbritannien erwartet. Geplant sind auch ein Treffen mit May und die Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung in Portsmouth zum 75. Jahrestag des D-Day - der Landung der Alliierten in der Normandie im Zweiten Weltkrieg. Trumps Besuch ist hoch umstritten, daher wird mit heftigen Protesten in England gerechnet.

>> Sadiq Khans Gastbeitrag für den "Observer"

(Red./APA/dpa)

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