Die europäischen Vertragspartner wollten wieder intensiver mit Teheran über die Rettung des Atomabkommens verhandeln. Doch der Iran will an dem Ausstieg festhalten.
Der Iran will trotz eines Vorstoßes der EU-Vertragspartner zur Rettung des Atomabkommens sein Anfang Juli auslaufendes Ultimatum nicht verlängern. Die Frist von 60 Tagen könne nicht ausgedehnt werden, zitierte die Nachrichtenagentur Tasnim am Mittwoch den Sprecher der Iranischen Atomenergiebehörde, Behrouz Kamalvandi.
Die zweite Phase werde wie geplant eingeleitet. Damit würde der Iran weitere Verpflichtungen aus dem Abkommen von 2015 aussetzen, das seit dem Ausstieg der USA und der Verhängung neuer US-Sanktionen auf der Kippe steht. Die übrigen Unterzeichner Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland wollen an der Vereinbarung festhalten.
Auch Präsident Hassan Rouhani bekräftigte, der Iran halte an seinem schrittweisen Ausstieg aus dem Atomabkommen fest, wenn die anderen Partner das Abkommen weiterhin nicht umsetzen. "Das ist das Mindeste, was wir machen können, denn die Seele des internationalen Atomabkommens wurde gebrochen", sagte er bei einer Kabinettssitzung am Mittwoch.
Die "Seele" des Abkommens sei die Öffnung der Wirtschaftskanäle zwischen dem Iran und der Außenwelt im Gegenzug für die Garantie, dass das iranische Atomprogramm friedlich sei. Genau dies sei nicht passiert, sagte der Präsident.
Europäer mit Geduld am Ende
Der Iran habe auch nach dem einseitigen Ausstieg der USA ein Jahr lang seine Verpflichtungen im Atomdeal weiter erfüllt, sagte Rouhani. Dies wurde mehrmals von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO/IAEA) bestätigt. Trotzdem hätten die USA Sanktionen gegen das iranische Volk verhängt und damit "Wirtschaftsterrorismus und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" begangen. "Unsere Vertragspartner können uns nun keine Vorwürfe machen, nur weil wir adäquat auf einen Vertragsbruch und diese Sanktionen reagieren", sagte der schiitische Kleriker.
Die drei beteiligten EU-Staaten Großbritannien, Deutschland und Frankreich wollten in den nächsten Tagen ihre Verhandlungsbemühungen verstärken, sagten Diplomaten. Dazu gehörten Gespräche auf untergeordneter Ebene am Rande des EU-Gipfels am Donnerstag in Brüssel. In der kommenden Woche sei ein Treffen mit dem US-Sonderbeauftragten für den Iran, Bryan Hook, in Paris geplant. Auch sei ein Besuch der Außenminister von Großbritannien, Frankreich und Deutschland in Teheran zumindest eine Option.
Ein ranghoher EU-Diplomat sagte allerdings, die Europäer seien mit ihrer Geduld allmählich am Ende. Sollte der Iran nach dem Wiederhochfahren der Produktion von niedrig angereichertem Uran wie angedroht in der kommenden Woche die im Atomabkommen erlaubte Obergrenze von 300 Kilogramm überschreiten, sei das Spiel auch für die EU vorbei. Dann hätten Großbritannien, Frankreich und Deutschland kaum eine andere Wahl, als den USA bei der Wiedereinführung von Sanktionen zu folgen. Daher sei es auch nötig, dass Russland und China sich stärker engagierten.
Iran will sich nicht mehr an Uran-Beschränkungen halten
Am 8. Mai und damit genau ein Jahr nach der Aufkündigung des mühselig ausgehandelten Abkommens durch US-Präsident Donald Trump hatte der Iran einige seiner Verpflichtungen ausgesetzt. Konkret will sich das Land nicht mehr an die Beschränkungen halten, die vorgeben, wie viel überschüssiges, bis auf 3,67 Prozent angereichertes Uran und wie viel Schwerwasser es besitzen darf. Waffentaugliches Uran muss bis auf 90 Prozent angereichert sein. Vor Abschluss des Abkommens hatte es der Iran bis auf 20 Prozent geschafft.
Zugleich stellte der Iran den verbliebenen Partnern das 60-tägige Ultimatum zur Umsetzung ihrer Zusagen, seine Öl- und seine Bankenbranche vor US-Sanktionen zu schützen. Anderenfalls werde das Land auch die Anreicherung von Uran auf einen höheren als in dem Abkommen erlaubten Grad hinaus wieder aufnehmen. Am Mittwoch warf der Iran den Europäern vor, seinen Öl-Sektor nicht vor US-Sanktionen zu schützen. "Die Europäer kooperieren nicht beim Kauf von Erdöl", sagte Ölminister Bijan Sanganeh der iranischen Nachrichtenagentur Fars zufolge.
(APA/Reuters/dpa)