Deutschland. Rechtstextremist Stephan E. hat den Mord an CDU-Politiker Lübcke gestanden. Hatte er Mitwisser?
Als in Lohfelden im Oktober 2015 auf einer Bürgerversammlung über eine Flüchtlingsunterkunft diskutiert wird, sitzt nach eigenen Angaben auch Stephan E. im Saal. Es spricht Walter Lübcke, Kasseler Regierungspräsident. Immer wieder stören rechte Zwischenrufer die Rede des CDU-Politikers, bis sich Lübcke an sie wendet und zur Asyldebatte sagt: „Da muss man für Werte eintreten. Wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen.“ Lübcke wurde wegen dieses Satzes beschimpft, bedroht und nun, knapp vier Jahre danach, wohl ermordet.
Der vorbestrafte Rechtsextremist Stephan E. hat ein Geständnis abgelegt. Er soll den CDU-Politiker in der Nacht zum 2. Juni mit einem Kopfschuss getötet haben. Wegen dessen Aussagen zur Flüchtlingspolitik. Es wäre der erste rechtsextrem motivierte Politikermord der deutschen Nachkriegsgeschichte. E. sagte aus, alleine gehandelt zu haben. Die Ermittlungen sind aber nicht abgeschlossen, betonte CSU-Innenminister Horst Seehofer am Mittwoch. Das Netzwerk um E. soll nun ausgeleuchtet werden. Gab es Mitwisser – oder gar Mittäter?
Der 45-jährige E. war kein Unbekannter. Schon 1995 wurde er wegen eines versuchten Bombenanschlags auf eine Flüchtlingsunterkunft verurteilt. Auch danach fiel er mit rassistischen Gewaltdelikten auf. Er war vernetzt mit Neonazis, deren Namen im Prozess um die NSU-Terrorzelle auftauchten.
Ab 2009 wurde es ruhiger um den Familienvater. Die Ermittler hatten ihn nicht mehr richtig auf dem Schirm. Vielleicht, weil er seinen Hass zunächst im Netz auslebte. Berichten zufolge drohte er unter dem Aliasnamen „Game over“ mit Gewalt. „Entweder diese Regierung dankt in Kürze ab, oder es wird Tote geben“, soll er in einem Forum geschrieben haben. Es gibt aber auch Hinweise, dass sich E. weiter im Umfeld von „Combat 18“ bewegt haben könnte, einer Neonazi-Gruppe, deren Name für „Kampftruppe Adolf Hitler“ steht.
Ein Zeuge will zwei Autos bemerkt haben, die in der Tatnacht in „aggressiver Weise“ davonfuhren. Die Mordwaffe ist verschwunden. Noch sind einige Fragen offen.