Iran an Europäer: Golf-Schutzflotte wäre "feindliche Botschaft"

Straße von Hormuz
Straße von HormuzReuters
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Nach der Festsetzung eines britischen Öltankers in der Straße von Hormuz strebt die Regierung in London einen europäischen Marineeinsatz an, um die Handelsschifffahrt zu sichern. Der Iran warnt vor den Folgen.

Der Iran hat europäische Staaten von einer Schutzmission für Öltanker im Persischen Golf gewarnt. "Die Präsenz von ausländischen Truppen im Persischen Golf wird die Lage nicht sicherer machen, sondern nur zu weiteren Spannungen führen", sagte Präsident Hassan Rouhani am Sonntag. Sein Sprecher Ali Rabiei sprach von einer "feindseligen Botschaft" an den Iran. "Der Iran erwartet von allen EU-Staaten, diese provokativen Vorschläge nicht zu unterstützen", so der Sprecher laut Nachrichtenagentur IRNA. Eine derartige Mission würde die Spannungen verschärfen.

Der iranische Vizeaußenminister Abbas Araqhchi warf Großbritannien vor, mit der Festsetzung eines iranischen Öltankers gegen Vereinbarungen des Wiener Atomabkommens von 2015 verstoßen zu haben. Vertragspartner dürften dem iranischen Ölexport keinen Schaden zufügen, sagte Araqhchi am Sonntag in Wien. Er wollte dort mit Diplomaten der noch verbliebenen Vertragsstaaten des Atomdeals - Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland - auch über Verstöße seines Landes gegen das Atomabkommen sprechen.

Fortschritte wurden laut Nachrichtenagentur AFP nicht erwartet. Aber es sei "zwingend, mit den Iranern nach den erwiesenen Verletzungen ihrer Verpflichtungen" zu sprechen, sagte demnach ein Diplomat in Wien. Es handle sich um ein Treffen, das ein späteres Treffen auf Ministerebene vorbereiten solle, "das nötig sein wird". Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini lässt sich in Wien von der Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), Helga Schmid, vertreten. Die übrigen Teilnehmer sind auf Ebene der Vizeaußenminister vertreten.

Zugang zum US-Markt verwehrt

Die USA hatten das Atomabkommen im Mai 2018 einseitig aufgekündigt. Mit Sanktionen wollen sie die Führung in Teheran zwingen, ein neues Abkommen mit schärferen Auflagen zu akzeptieren. Von den US-Sanktionen sind auch weltweit Unternehmen betroffen. Ihnen wird der Zugang zum US-Markt verwehrt, falls sie gegen die von der Regierung in Washington verhängten Strafmaßnahmen verstoßen. Weil die verbliebenen Vertragspartner die für den Iran wichtigsten Teile des Atomabkommens nicht umsetzten, verstieß auch der Iran zuletzt demonstrativ gegen zwei zentrale Auflagen. Die Islamische Republik überschritt die Menge an erlaubtem Uran und die Obergrenze der Anreicherung.

Am Sonntag kündigte der Iran parallel zu den Verhandlungen an, im Streit über sein Atomprogramm einen Schwerwasser-Reaktor wieder hochfahren. Der Chef der nationalen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, habe den Neustart der Anlage in Arak bei einem Treffen mit Parlamentsabgeordneten am Sonntag angekündigt, berichtete die staatliche iranische Nachrichtenagentur ISNA unter Berufung auf Teilnehmer.

Ausweitung der Urananreicherung

In Schwerwasser-Reaktoren wie dem in Arak kann waffenfähiges Plutonium produziert werden. Der Iran hatte im Mai angekündigt, Verpflichtungen aus dem internationalen Atomabkommen auszusetzen, das die USA im vergangenen Jahr einseitig aufgekündigt hatten. Anfang des Monats hatte die Führung in Teheran weitere Schritte wie etwa eine Ausweitung der Urananreicherung und den Neustart des Reaktors in Arak ab dem 7. Juli angedroht, sollten die europäischen Vertragsstaaten keine Maßnahmen zum Schutz des Handels mit dem Iran vor den neuen US-Sanktionen ergreifen. Anders als die USA halten die drei EU-Staaten Großbritannien, Frankreich und Deutschland sowie China und Russland an dem 2015 vereinbarten Atomabkommen fest. US-Präsident Donald Trump will den Iran zu Neuverhandlungen über ein weiterreichendes Abkommen über dessen Atom- und Raketenprogramm zwingen.

Im Streit zwischen Teheran und London geht es um zwei beschlagnahmte Öltanker. Großbritannien hat am 4. Juli in Gibraltar den Supertanker "Grace1" mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen. Der Iran bestreitet das. Am 19. Juli stoppten die iranischen Revolutionsgarden (zweiter Arm der iranischen Streitkräfte neben der regulären Armee, Anm.) in Straße von Hormuz den britischen Öltanker "Stena Impero", weil dieser angeblich gegen die maritimen Vorschriften im Persischen Golf verstoßen hatte. Das Schiff ist derzeit im Hafen der Stadt Bandar Abbas in Südiran. Beide Seiten sprechen von "staatlicher Piraterie". Am Donnerstag ordnete London seine Marine an, Schiffe unter britischer Flagge in der Meerenge zu eskortieren. Außerdem strebt die Regierung in London einen europäischen Marineeinsatz in der für die weltweite Ölversorgung wichtigen Golf-Region an, um die Handelsschifffahrt zu sichern. Frankreich, Italien und Dänemark haben ihre Unterstützung signalisiert.

Seit Mai hat eine Reihe von Vorfällen die Spannungen in der Region verschärft. Am 12. Mai meldeten die Emirate "Sabotageakte" gegen vier Handelsschiffe vor ihrer Küste. Einen Monat später wurden zwei Öltanker im Golf von Oman attackiert, nachdem sie die Meerenge von Hormuz passiert hatten. Die USA machten die iranischen Revolutionsgarden für die Vorfälle verantwortlich. Teheran bestritt jede Verwicklung.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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