Der seit Wochen festsitzende Tanker erhält neue Crewmitglieder und einen neuen Kapitän. Es sei somit "unwahrscheinlich", dass die Grace 1 vor Sonntag in See steche, hieß es.
Der mehr als sechs Wochen lang festgesetzte Supertanker "Grace 1" mit iranischem Öl an Bord wird voraussichtlich nicht vor Sonntag die Gewässer vor Gibraltar verlassen. Es würden sechs neue Crewmitglieder und ein neuer Kapitän erwartet, was die Abfahrt des Tankers verzögere, berichtete die Zeitung "Gibraltar Chronicle" unter Berufung auf eine mit dem Fall gut vertraute Quelle.
Es sei somit "unwahrscheinlich", dass die Grace 1, die Medienberichten zufolge mittlerweile auf den Namen "Adrian Darya" umgetauft wurde, vor Sonntag in See steche, hieß es.
Das oberste Gericht des britischen Überseegebiets an der Südspitze der iberischen Halbinsel hatte dem Schiff bereits am Donnerstag freie Fahrt gewährt. Damit war zunächst die Hoffnung auf eine Deeskalation in dem schwelenden Konflikt zwischen dem Iran und mehreren westlichen Ländern, darunter den USA und Großbritannien gewachsen.
Der Streit um den mit iranischem Öl beladenen Supertanker "Grace 1" hat zuletzt wieder an Schärfe zugenommen. Ein US-Bundesgericht in Washington hat die Beschlagnahmung des vor Gibraltar liegenden Schiffes verfügt. Das Justizministerium begründete das in der Nacht auf Samstag in einer Mitteilung mit mutmaßlichen Verstößen gegen US-Sanktionen, Geldwäschegesetze und Terrorismusstatuten. Die Folgen für den Tanker waren zunächst unklar.
Das oberste Gericht des britischen Überseegebiets Gibraltar an der Südspitze der iberischen Halbinsel hatte am Donnerstag bestätigt, den vor etwa sechs Wochen festgesetzten Supertanker freizugeben. Nach Angaben des Internet-Ortungsdiensts "Marine Traffic" ankerte die "Grace 1" am Samstagvormittag weiterhin vor der Küste Gibraltars.
Die Behörden in Gibraltar und die britische Royal Navy hatten den unter der Flagge Panamas fahrenden Tanker am 4. Juli vor Gibraltar wegen des Verdachts auf illegale Öllieferungen an Syrien festgesetzt. Das britische Außenministerium betonte, der Iran müsse sich nun an seine Zusicherung halten, die Ladung nicht nach Syrien zu bringen - dies wäre ansonsten ein Verstoß gegen EU-Sanktionen. Nach iranischen Angaben soll der Tanker in "Adrian Darya" umbenannt werden und künftig unter iranischer Flagge fahren.
Knapp eine Million Bankvermögen einer Briefkastenfirma
Das Gericht in Washington verfügte am Freitag auch die Beschlagnahmung des Öls an Bord der "Grace 1" und von knapp einer Million Dollar Bankvermögen einer Briefkastenfirma, die Verbindungen zu dem Schiff haben soll. Die Staatsanwaltschaft führte aus, das Schiff sei Teil eines Plans der iranischen Revolutionsgarden zur Unterstützung illegaler Lieferungen des Irans an Syrien.
Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte die Revolutionsgarden im April als ausländische Terrororganisation eingestuft. Die USA haben außerdem harte Sanktionen gegen den Iran verhängt, die vor allem auf den Ölsektor des Landes abzielen.
Öltanker "Stena Impero" gestoppt
Nur zwei Wochen nach dem Festsetzen der "Grace 1" stoppten die iranischen Revolutionsgarden in der Straße von Hormuz den britischen Öltanker "Stena Impero". Zur Begründung hieß es, das Schiff habe internationale Regeln der Seefahrt nicht eingehalten, sein GPS-System ausgeschaltet und umweltschädigende Materialien an Bord. Einen vom Iran vorgeschlagenen Austausch der beiden Tanker lehnte London ab.
Immer wieder kam es in den vergangenen Wochen zu Zwischenfällen vor allem in der Straße von Hormuz, die zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman liegt. Sie zählt zu den wichtigsten Schifffahrtsrouten weltweit. Fast ein Drittel des globalen Ölexports wird durch die Meerenge verschifft. Die USA machten den Iran für diverse Attacken auf Handelsschiffe in dem Seegebiet verantwortlich. Das bestreitet die Führung in Teheran vehement.
Hinter den Spannungen zwischen dem Iran und den USA steht der Atomstreit beider Länder. Die Amerikaner werfen der iranischen Führung vor, Atomwaffen bauen zu wollen. Teheran weist das zurück.
Die USA waren 2018 im Alleingang aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen, das Teheran am Bau einer Atombombe hindern und zugleich dessen politische und wirtschaftliche Isolation beenden sollte. Seit dem Ausstieg aus dem Abkommen setzen die Amerikaner Teheran mit massiven Wirtschaftssanktionen unter Druck, um ein strengeres und auf andere Gebiete erweitertes Abkommen auszuhandeln. Der Iran widersteht dem Druck bisher.
(APA/dpa)