"Obama von Piran": Erster schwarzer Bürgermeister Sloweniens

Bossman gestures after winning the second round of local elections in Lucija
Bossman gestures after winning the second round of local elections in Lucija(c) REUTERS (Srdjan Zivulovic)
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Der gebürtige Ghanaer Peter Bossman setzte sich gegen den Amtsinhaber Tomaz Gantar durch. Er setzte stark auf Internet-Auftritte, insbesondere auf Facebook und YouTube. Jetzt will er sein Slowenisch verbessern.

Knapp zwei Jahre nach der historischen US-Präsidentenwahl hat nun auch Slowenien seinen Obama: Bei der Bürgermeister-Direktwahl in der Küstenstadt Piran hat sich am heutigen Sonntag der gebürtige Ghanaer Peter Bossman (54) gegen Amtsinhaber Tomaz Gantar durchgesetzt. Der Arzt Bossman ist damit der erste schwarze Bürgermeister des Landes. Er setzte so wie Obama im Wahlkampf auf das Internet, etwa durch ein eigenes Facebook-Profil.

"Ich bin glücklich und stolz. Die Menschen haben gewonnen, der Dialog hat gewonnen", sagte Bossman in einer ersten Reaktion. Auf seine Patienten will er dabei nicht vergessen. "Morgen gehe ich wie gewohnt in die Ordination", der Arzt, der sich vor allem als Therapeut für Drogenabhängige verdient gemacht hat. Der Sozialdemokrat Bossman erhielt 51,39 Prozent der Stimmen, der bisherige parteiunabhängige Bürgermeister Gantar 48,61 Prozent. Im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatte sich Bossman mit 31 zu 25 Prozent der Stimmen durchgesetzt.

"Ein slowenischer Star"

Die Wahl Bossmans zum ersten schwarzen Bürgermeister Sloweniens und wohl auch ganz Mittel- und Osteuropas wurde in der Wahlnacht geradezu euphorisch kommentiert. "Er ist ein slowenischer Star", jubelte die Tageszeitung "Delo". Der Politikexperte Miha Kovac sprach im Fernsehsender RTV Slovenija von einem Beispiel für gelungene Integration. Sie zeige, dass Einwanderer es auch an die politische Spitze schaffen können. "Mich freut diese Wahl sehr", sagte Kovac. Der Soziologe Vlado Miheljak sprach von einem "Sieg Sloweniens über sich selbst, seine Gefangenheit in Stereotypen und Vorurteile".

Seit 1977 in Slowenien

Der am 2. November 1955 in Ghana geborene Bossman kam im Jahr 1977 als Medizinstudent nach Ljubljana. Eigentlich wollte er nach dem Studium wieder in sein Heimatland zurückkehren, doch verliebte er sich in eine kroatische Studienkollegin und zog mit ihr an die Küste. In Piran eröffnete er eine Ordination und musste sich als Zugewanderter erst das Vertrauen der Einheimischen erarbeiten. Mittlerweile gilt er als der beliebteste Arzt im malerischen Küstenstädtchen. "Morgen gehe ich wieder in die Ordination", versprach Bossman seinen Patienten noch am Wahlabend. Allerdings wird er künftig nur noch einmal wöchentlich Sprechstunde halten können. Seit 1998 sitzt er im Gemeinderat von Piran und sammelte auch als Ortsvorsteher von Lucija kommunalpolitische Erfahrungen.

YouTube-Videos zu politischen Themen

Bescheidenheit, Ehrlichkeit und Sachorientierung sind die Erfolgsgeheimnisse des neuen Stars am slowenischen Polithimmel. Detailverliebt setzte er sich in einem Dutzend YouTube-Videos mit kommunalpolitischen Themen auseinander, von der illegalen Mülldeponie über einen verparkten Betonstrand bis zum Gratis-Internetzugang im Stadtgebiet. "Im Wahlkampf war ich immer ehrlich. Ich habe den Leuten gesagt, was ich ihnen anbieten kann und nicht mehr. Sie haben gespürt, dass sie mir vertrauen können", sagte Bossman gegenüber "Delo".

Selbstkritik und Slowenisch-Nachhilfe

So passt es auch ins Bild, dass er sich sogar am Abend seines größten Triumphs selbstkritisch zeigte. Zur niedrigen Wahlbeteiligung von 44 Prozent sagte er etwa: "Vielleicht waren wir zwei nicht die besten Kandidaten." Auch räumte er ein, dass er in den vergangenen 33 Jahren sein Slowenisch "etwas vernachlässigt" habe. Für einen Arzt seien perfekte Sprachkenntnisse eben nicht dringlich. "Nun, da ich Bürgermeister bin, ist das natürlich ganz anders. Eine Freundin ist Slawistin, sie hat mir schon eine Nachhilfe angeboten."

Grenzstreit zwischen Kroatien und Slowenien

Das malerische Küstenstädtchen Piran ist über die Landesgrenzen vor allem nach der gleichnamigen Adriabucht bekannt, dem Zankapfel im Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien. Auch diesbezüglich hat die Wahl Bossmans Symbolcharakter, ist er doch mit einer Kroatin verheiratet. Die Gemeinde, zu der auch der Badeort Portoroz gehört, ist eines der wichtigsten Touristenzentren des Landes. 18 Kilometer des 46 Kilometer langen slowenischen Meereszuganges entfallen auf die von 18.000 Menschen bewohnte Gemeinde. Insgesamt fanden am Sonntag in 74 der 208 slowenischen Gemeinden Bürgermeister-Stichwahlen statt. In den meisten Gemeinden hatte es schon im ersten Wahlgang am 10. Oktober eine absolute Mehrheit für einen Kandidaten gegeben, so auch in den beiden größten Städten des Landes, Ljubljana und Maribor.

(APA)

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