Mautstreit: Ausnahme für Großes Deutsches Eck?

Infrastrukturminister Jörg Leichtfried will die deutsche Maut verhindern.
Infrastrukturminister Jörg Leichtfried will die deutsche Maut verhindern.(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Der Konflikt zwischen Österreich und Deutschland zur Maut könnte durch eine Sonderregel für den grenznahen Verkehr entschärft werden.

Um den schwelenden Konflikt zwischen Berlin und Wien zur Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Straßen zu entschärfen, werden in Brüssel neue Varianten diskutiert. Die EU-Kommission hat zwar den Vorwurf von Österreichs Verkehrsminister, Jörg Leichtfried, die Maut sei für andere EU-Bürger diskriminierend, zurückgewiesen. In Kreisen der Behörde sieht man aber noch Spielraum, wie Deutschland seinen Nachbarländern entgegenkommen könnte.

Würde Deutschland auf die Maut in grenznahen Gebieten verzichten, könnten beispielsweise auch österreichische Autofahrer weiterhin ohne Zusatzkosten das Kleine und Große Deutsche Eck nutzen. Bis 2013 hat Österreich ein ähnliches Entgegenkommen von der Staatsgrenze bis Kufstein Süd eingeräumt. Deutsche Pkw wurden in diesem Bereich nicht kontrolliert. Die lückenlose Vignettenkontrolle ab 2013 hat dann Protest der bayerischen Regierung ausgelöst.

Leichtfried hat in seinem Schreiben an die zuständige EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc beklagt, dass auch nach dem überarbeiteten deutschen Gesetzesentwurf eine „indirekte Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit“ bestehe, was gegen den EU-Gleichheitsgrundsatz verstoße. Schließlich solle die Maut weiterhin so gestaltet sein, „dass es zu keiner Mehrbelastung für deutsche AutofahrerInnen kommt“. Die deutsche Pkw-Maut werde auch weiterhin nur Ausländer treffen. Daran ändere auch eine Neustaffelung der Kurzzeitvignetten nichts, denn diese würden im Vergleich zur Jahresvignette noch immer „unverhältnismäßig“ ausfallen, argumentierte Leichtfried. Österreich hebt zwar ebenfalls eine Pkw-Maut ein, diese gilt aber sowohl für In- als auch für Ausländer in gleichem Maße.

„Das ist ja korrigiert worden“

Ein EU-Kommissionssprecher hielt dem entgegen: „Was für uns wichtig ist: dass es keine Eins-zu-eins-Kompensierung (für deutsche Pkw-Eigentümer, Anm.) in dem deutschen Gesetzesentwurf gibt. Das ist ja korrigiert worden.“ Insofern geht die Kommission davon aus, dass diese Änderungen, die Deutschland zugesagt hat, dazu führen wird, dass keine Diskriminierung besteht. Die Neuregelung sieht vor, dass deutsche Autofahrer je nach Umweltfreundlichkeit ihres Fahrzeugs eine Reduzierung ihrer Kfz-Steuer erhalten. Allerdings dürfte diese Reduzierung zumindest so hoch wie die Mautkosten ausfallen. Dem deutschen Staat wird diese Staffelung um 100 Millionen Euro weniger Einnahmen einbringen.
Verkehrsminister Leichtfried hat für Jänner ein Treffen mit deutschen Anrainerstaaten in Brüssel angekündigt, um ein gemeinsames Vorgehen gegen die Maut zu beraten. Die Niederlande und Belgien dürften jedenfalls an diesem Treffen auf Expertenebene teilnehmen. Weitere deutsche Nachbarländer könnten folgen.

Kommt kein Kompromiss mit Berlin zustande, steht weiterhin eine Klage Österreichs vor dem Europäischen Gerichtshof im Raum. „Das ist eine Möglichkeit, die ich nicht ausschließe“, hat Leichtfried kurz vor Weihnachten in einem Interview mit der „Presse“ erklärt. Zuvor müsse aber der endgültige deutsche Gesetzesentwurf geprüft werden.

(ag./wb)

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