Urteil: Parlament muss über Brexit abstimmen

Der EU-Austritt könnte sich nun verschieben.
Der EU-Austritt könnte sich nun verschieben.APA/AFP/ISABEL INFANTES
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Die britische Regierung braucht für die Beantragung des EU-Ausstieg die Zustimmung des Parlaments. Das hat das Höchstgericht entschieden. Schottland darf nicht mitbestimmen.

Das britische Höchstgericht hat am Dienstag mit einer Mehrheit von acht zu drei Stimmen entschieden, dass der Artikel 50 zum Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der EU nicht ohne Zustimmung des Parlaments aktiviert werden kann. Zugleich wiesen die elf Richter des Supreme Courts - nie zuvor haben sich so viele Richter dort mit einem einzigen Fall befasst - eine Berufung der konservativen Premierministerin Theresa May ab.

Schon ein früheres Urteil hatte den Parlamentariern ein Mitspracherecht zuerkannt. May war aber der Meinung, dass die Austrittserklärung ohne Abstimmung im Parlament möglich ist und hatte den Entscheid angefochten. Die Regionalparlamente von Schottland, Wales und Nordirland werden hingegen kein Mitspracherecht Austrittserklärung Großbritanniens aus der EU, entschied das Gremium.

Der Vorsitzende Richter des höchsten britischen Gerichts, David Neuberger, betonte am Dienstag in London, dass das Urteil des Supreme Court nicht das Referendum zum Brexit selbst infrage stelle. Es gehe um rein rechtliche Fragen.

Labour-Chef will May keinen Stein in den Weg legen

Die britische Regierung will trotz der Niederlage vor Gericht an ihrem Zeitplan für den EU-Austritt festhalten. "Das britische Volk hat dafür gestimmt, die EU zu verlassen, und die Regierung wird das umsetzen", sagte ein Regierungssprecher am Dienstag. Die Austrittserklärung werde wie geplant Ende März nach Brüssel geschickt. "Das heutige Urteil ändert nichts daran", hieß es in dem Statement.

May hat jüngst in einer programmatischen Rede deutlich gemacht, dass sie bei der Trennung von der EU einen harten Schnitt anstrebt. Das Königreich solle aus dem Binnenmarkt und der Zollunion austreten und stattdessen ein neues Freihandelsabkommen mit der EU vereinbaren. Nach den Plänen Mays dürfte sich Großbritannien 2019 endgültig aus der EU verabschieden. Das Land war der Staatengemeinschaft 1973 beigetreten.

Labour wird keine Steine in den Weg legen

Brexit-Befürworter hatten befürchtet, dass ein Mitspracherecht des Parlaments den Zeitplan für die Trennung von der EU durcheinanderbringen und Inhalte verwässern könnte. Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour Party signalisierte aber bereits, dass er May keinen Stein in den Weg legen, aber das Parlament in den Austrittsprozess einbinden möchte: Labour respektiere "den Ausgang des Referendums und den Willen des britischen Volkes". Allerdings müsse die Regierung dem Parlament während der Austrittsverhandlungen Rede und Antwort stehen und die Volksvertreter auch über das Ergebnis abstimmen lassen.

Gina Miller, Klägerin im Brexit-Verfahren, zeigte sich nach dem Urteil des Supreme Court erleichtert. Der geplante EU-Ausstieg Großbritanniens sei die "umstrittenste Frage einer Generation", erklärte die 51-jährige Investmentmanagerin am Dienstag in einem Statement. "Kein Premierminister, keine Regierung kann erwarten, nicht hinterfragt oder herausgefordert zu werden."

Schottland will berücksichtigt werden

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat London aufgefordert, die Interessen Schottlands bei den Brexit-Verhandlungen zu berücksichtigen. "Obwohl das Gericht entschieden hat, dass die britische Regierung nicht rechtlich dazu verpflichtet ist, die Regionalverwaltungen zu befragen, gibt es eine klare politische Verpflichtung dazu", sagte Sturgeon am Dienstag einer Mitteilung zufolge.

Sie kündigte an, die Abgeordneten in Edinburgh über die EU-Austrittserklärung abstimmen zu lassen. Gleichzeitig drohte sie erneut mit einem Referendum über die schottische Unabhängigkeit. Es werde immer klarer, dass Schottland seine Zukunft "in die eigene Hand nehmen muss".

(APA/Reuters/AFP/dpa)

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