Die britische Premierministerin setzte im Regierungssitz in der Downing Street ihre Unterschrift unter das historische Dokument. Der Brief soll am Mittwoch an den EU-Ratspräsidenten Tusk übergeben werden.
Die britische Premierministerin Theresa May hat am Dienstagabend den Brief an die EU unterzeichnet, mit dem ihre Regierung am Mittwoch den Brexit beantragen will. May setzte im Regierungssitz in der Downing Street ihre Unterschrift unter das historische Dokument. Von der britischen Regierung veröffentlichte Fotos zeigten May, wie sie vor der Nationalflagge und unter einem Porträt des ersten britischen Premierministers Robert Walpole sitzt, während sie den Brief unterzeichnet.
Der britische EU-Botschafter Tim Barrow soll den Austritts-Antrag, neun Monate nach dem Brexit-Referendum, am Mittwoch gegen 13.30 Uhr (MESZ) an EU-Ratspräsident Donald Tusk übergeben und damit offiziell Artikel 50 des EU-Vertrags auslösen. Anschließend beginnen dann die zweijährigen Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU. Großbritannien ist der erste Mitgliedstaat, der die EU verlässt.
Nach Angaben von Downing Street telefonierte May am Dienstagabend mit Tusk sowie mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Bei den Gesprächen bestand demnach Einigkeit darüber, dass es "im Interesse aller sei", dass das Vereinigte Königreich ein enger Verbündeter der EU bleibe.
May will "neue tiefe und besondere Partnerschaft" mit EU
May selbst will am Mittwoch gegen 13:30 Uhr eine offizielle Erklärung im britischen Parlament abgeben. Sie werde erklären, dass Großbritannien eine stolze Vergangenheit und eine glänzende Zukunft habe, berichtete der Sender Skynews. Die Menschen müssten nun zusammenstehen. Die Briten hatten im vergangenen Juni in einem historischen Referendum mit knapper Mehrheit für den Brexit gestimmt.
Die übrigen 27 Länder haben bereits eine gemeinsame Stellungnahme angekündigt. Ihre Verhandlungsposition wollen sie allerdings erst bei einem Sondergipfel am 29. April festzurren. Die EU-Seite erhofft sich von May jetzt konkrete Hinweise zu den britischen Zielen in den komplizierten Verhandlungen. Bisher hat sich die Premierministerin recht vage geäußert. Auf einer Veranstaltung in Birmingham sagte May am Dienstag, dass sie eine "neue tiefe und besondere Partnerschaft" mit der EU anstrebe.
Klar ist aber, dass sie einen harten Brexit will: Großbritannien wird demnach auch aus dem Europäischen Binnenmarkt und der Zollunion aussteigen. Die Briten wollen sich auch nicht mehr der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg unterwerfen. Zu den wichtigsten Themen gehören die Rechte der etwa drei Millionen EU-Ausländer in Großbritannien. Etwa eine Million Briten leben in anderen EU-Ländern. Auch die neue EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland ist ein Topthema. Sie könnte dem Handel auf der Insel schaden und alte Wunden in der Ex-Bürgerkriegsregion aufreißen.
Was wird der Austritt kosten?
Ärger deutet sich schon jetzt bei der Austrittsrechnung an. Experten sprechen von bis zu 60 Milliarden Euro, die die EU noch von Großbritannien verlangen könnte. Dabei geht es um Verpflichtungen, die das Land in mehr als 40 Jahren EU-Mitgliedschaft eingegangen ist. Die Premierministerin stellte solche hohen Zahlungen infrage.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister (CDU), erwartet, dass Großbritannien nach dem EU-Austritt "allen eingegangenen Verpflichtungen nachkommen muss". "Das wird ein ganz wesentlicher Punkt", sagte McAllister der Oldenburger Nordwest-Zeitung (Mittwoch). "In London gibt es Politiker, die der Meinung sind, der Brexit sei zum Nulltarif zu haben."
(APA/AFP)