EU forciert Handel mit Japan und Mexiko

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström: zuletzt unter Druck, nun zuversichtlich.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström: zuletzt unter Druck, nun zuversichtlich.(c) REUTERS (CHRIS WATTIE)
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Während Donald Trumps USA auf Abschottung setzen, geht die EU weiter den anderen Weg: Die Verhandlungen mit Japan und Mexiko sollen noch vor Jahresende abgeschlossen sein. Der Pakt mit Japan hätte ein Potenzial wie TTIP.

Brüssel/Wien. Diese Woche laden Internationaler Währungsfonds und Weltbank Finanzminister und Notenbankchefs zu ihrem regelmäßig stattfindenden Gipfeltreffen nach Washington – es ist die erste derartige Zusammenkunft, seit Donald Trump ins Weiße Haus eingezogen ist. Und es ist das erste Mal, dass die Direktoren von IWF und Weltbank, Christine Lagarde und Jim Yong Kim, um die Zukunft ihrer Organisationen bangen müssen. Denn unter Trump sind die Vereinigten Staaten dabei, dem freien Welthandel abzuschwören und auf Schutz vor unliebsamer Konkurrenz aus Übersee zu setzen. Zwar richtet sich Donald Trumps Skepsis primär gegen den größten Handelspartner China und den südlichen US-Nachbarn Mexiko, doch fürchten die Befürworter des Freihandels, dass ein aufkeimender Protektionismus der USA auch negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben könnte.

Während in den Vereinigten Staaten derzeit die Nachteile enger Handelsbeziehungen in den Mittelpunkt der Diskussionen gerückt sind, will man sich in Brüssel von diesem Klimawechsel nicht beeinträchtigen lassen: Vergangene Woche lieferte die EU-Kommission gleich zwei Fortschrittsberichte – für die Handelsgespräche mit Japan und mit Mexiko. Beide Verhandlungsrunden seien zufriedenstellend verlaufen, hieß es. In beiden Fällen will die Brüsseler Behörde ihre Verhandlungen noch vor Jahresende abschließen und die Abkommen zur politischen Ratifizierung durch EU-Institutionen und Mitgliedstaaten vorlegen.

Politisch weniger heikel

Handelskommissarin Cecilia Malmström war in den vergangenen zwei Jahren in die Defensive geraten, weil die Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta), die 2015 und 2016 im Mittelpunkt ihrer Arbeit gestanden sind, für heftige Diskussionen gesorgt haben: Während TTIP de facto zu Grabe getragen wurde, konnte Ceta mit Ach und Krach vorläufig ratifiziert werden. In Brüssel hegt man berechtigte Hoffnungen, dass die Verhandlungen mit Japan und Mexiko politisch weniger heikel sein werden – erstens, weil der Wahlsieg des Freihandelsgegners Trump in Europa zu einem Stimmungswandel geführt hat, und zweitens, weil Tokio und Mexiko City als Verhandlungspartner deutlich „harmloser“ erscheinen als Washington.

Mit den Japanern haben die Handelsexperten der EU-Kommission seit 2013 bereits 18 Verhandlungsrunden absolviert und zuletzt „enorme Fortschritte erzielt“, wie es Malmström bei einem Treffen mit Außenminister Fumio Kishida formuliert hat. Die europäischen Ausfuhren nach Japan belaufen sich auf rund 80 Milliarden Euro pro Jahr – und nach Schätzungen der Brüsseler Behörde könnten die Exporte bei einem Abschluss des Abkommens um weitere 40 Milliarden Euro zulegen.

Der Löwenanteil geht dabei nicht auf die Abschaffung der (grosso modo niedrigen) Zölle, sondern auf die Harmonisierung von Vorschriften, die als sogenannte nicht tarifäre Handelshemmnisse den Warenaustausch behindern. Nach Schätzungen der EU-Experten ist der mit dem Japan-Abkommen verbundene Wohlstandzuwachs mit den positiven Auswirkungen von TTIP vergleichbar. Die EU und Japan sind gemeinsam für mehr als ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung verantwortlich.

Mit Mexiko gibt es zwar seit 2000 ein Abkommen, doch dieser Pakt ist mittlerweile in die Jahre gekommen und bedarf einer Nachjustierung. Die EU möchte vor allem einen besseren Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen und besseren Schutz für geistiges Eigentum in Mexiko erreichen.

Im Mai wird Malmström in Mexiko für einen raschen Abschluss des Abkommens werben, die nächsten Verhandlungen auf Expertenebene sind für Ende Juni angesetzt. Seit 2005 hat sich das Handelsvolumen zwischen Europa und Mexiko auf gut 50 Milliarden Euro verdoppelt.

Mercosur-Abkommen

Ähnliche Zuwachsraten erzielen europäische Exporteure im Geschäft mit dem südamerikanischen Handelsblock Mercosur. Über ein Abkommen sprechen Europäer und Südamerikaner bereits seit dem Jahr 1999, bis dato ging allerdings wenig weiter – doch der Wahlsieg von Donald Trump hat den Diskussionen einen neuen Impetus verpasst. Mitte März wurde in Buenos Aires die Möglichkeit eines Freihandelsabkommens EU-Mercosur erörtert. Doch bis die Verhandlungen ernsthaft anlaufen können, gilt es, auf beiden Seiten des Atlantiks Sorgen zu nehmen.

In Europa fürchten sich Landwirte vor südamerikanischer Konkurrenz – Stichwort Rindfleisch, Geflügel und Zucker. In Südamerika wiederum gibt es Bedenken, die hohen Umweltstandards der EU könnten die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen untergraben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2017)

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