Rettungsschiffe sollen nicht mehr nur italienische Häfen ansteuern, fordert der italienische Innenminister. Er fordert einen Verhaltenskodex für private Retter.
Wegen stark gestiegener Flüchtlingszahlen in Italien haben Deutschland und Frankreich der Regierung in Rom verstärkte Hilfe zugesagt. Paris und Berlin zeigten sich bereit, ihre Bemühungen bei der Aufnahme von Asylbewerbern über einen bestehenden europäischen Umverteilungsmechanismus zu verstärken, wie das französische Innenministerium am Montag mitteilte.
Zudem wird vor dem Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag ein "Verhaltenskodex" für private Hilfsorganisationen gefordert, die Flüchtlinge vor der Küste Libyens retten. Kritiker werfen den im Mittelmeer aktiven Hilfsorganisationen vor, mit ihren Rettungseinsätzen Schleuseraktivitäten zu begünstigen.
12.000 Flüchtlinge in einer Woche
Vor Treffen mit seinen deutschen und französischen Amtskollegen hatte der italienische Innenminister Marco Minniti gesagt, dass es ein starkes Signal wäre, wenn auch die anderen europäischen Staaten ihre Häfen für Flüchtlinge öffneten. An den Rettungseinsätzen im Mittelmeer seien neben der italienischen Küstenwache auch Schiffe der EU-Mission "Sophia", der EU-Grenzschutzagentur Frontex und von Hilfsorganisationen beteiligt.
"Sie fahren unter der Flagge verschiedener europäischer Länder", sagte Minniti. "Wenn die einzigen Häfen, in die Flüchtlinge gebracht werden, italienische Häfen sind, stimmt etwas nicht", fügte der Minister im Gespräch mit der Zeitung "Il Messaggero" hinzu.
Die Vereinten Nationen fordern ebenfalls Unterstützung für Italien: Der aus Italien stammende UNO-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi sagte am Samstag in Genf, "was sich vor unseren Augen in Italien abspielt, ist eine Tragödie". Allein in der vergangenen Woche seien 12.000 Flüchtlinge an Italiens Küsten angekommen, seit Jahresbeginn seien schon 2300 Menschen auf dem Weg über das Mittelmeer ums Leben gekommen.
NGO: Andere Häfen anzusteuern "unmöglich"
Die Rettung und Unterbringung der Flüchtlinge sei ein "Problem von internationaler Bedeutung" und "nicht nur ein Problem Italiens", sagte Grandi.
Italien hatte der EU zuvor damit gedroht, ausländischen Schiffen mit geretteten Flüchtlingen künftig die Einfahrt in seine Häfen zu verbieten. Das Land sieht sich nach eigenen Angaben nicht mehr in der Lage, die Situation zu bewältigen. Gemäß der EU-Dublin-Regelung müssen Flüchtlinge ihren Asylantrag grundsätzlich in dem Land stellen, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten haben.
Die Organisation SOS Mediterranee, die Bootsflüchtlingen im Mittelmeer zu Hilfe kommt, erklärte, das Ansteuern anderer europäischer Häfen mit Flüchtlingen an Bord sei schwierig. Ein solches Vorgehen sei "vollkommen unmöglich mit mehr als tausend Personen an Bord", sagte Mathilde Auvillain von SOS Mediterranee der Nachrichtenagentur AFP. Schiffe, die Flüchtlinge retten, müssten sich wenigstens in italienischen Häfen versorgen können. "Oder wir stoppen im Meer, um uns selbst retten zu lassen", warnte Auvillain.
(APA/AFP)