Brenner: Van der Bellen gegen "Panik"

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Van der BellenAPA/BARBARA GINDL
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Der Brenner sei "nicht irgendeine Grenze", sagt der Bundespräsident. ÖVP-Chef Kurz verteidigt die Pläne für Grenzkontrollen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat in Bezug auf mögliche Grenzkontrollen am Brenner dafür plädiert, "ohne Panik und mit Augenmaß die Situation zu beobachten". Das sagte er am Donnerstag in seiner Rede vor dem Tiroler Landtag. Der Brenner sei "nicht irgendeine Grenze", sondern eine "sensible Grenze", die die Einheit Europas symbolisiere.

Van der Bellen bedauerte "manche Medienberichte", durch die der Eindruck entstanden sei, "dass Österreich den Kriegsfall ausruft". Mittlerweile sei die Sache aber wieder "bereinigt". Es seien auch keine Panzer am Brenner vorgesehen gewesen, sondern "militärische Lkw", so der Bundespräsident. "Es wäre gut gewesen, wenn man die italienischen Behörden rechtzeitig über den Sinn dieser Maßnahme unterrichtet hätte", sagte Van der Bellen, ohne Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) direkt zu kritisieren. Mit diesem habe er telefoniert, "und damit ist es gut". Durch Stellungnahmen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) habe sich die Angelegenheit wieder "entspannt". In Wahlkampfzeiten sei man jedenfalls besonders gut beraten, aufzupassen, nicht international Irritationen auszulösen.

Die Flüchtlingssituation am Brenner sei stabil, die Lage unter Kontrolle, meinte der Bundespräsident. Man solle daher mit "Vernunft und Sachlichkeit" und vorsichtig mit solchen Fragen umgehen. Gleichzeitig wies Van der Bellen aber auch darauf hin, dass sich angesichts steigender Ankünfte in Italien etwas "zusammenbraue". "Es ist europäische Solidarität mit Italien einzufordern - nicht nur verbal und plakativ". Natürlich sei es das Recht jedes Staates, zu wissen, wer einreise. Aber es gebe auch die verfassungsrechtliche Pflicht, ein rechtsstaatliches Verfahren für Asylwerber zu gewährleisten, betonte das Staatsoberhaupt.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter mahnte die Bundesregierung in der Brenner-Frage zu Einigkeit. Es gebe eine große Verunsicherung in der Bevölkerung aufgrund der "Wortmeldungen" in den vergangenen Tagen. "Wir brauchen keine Kriegsrhetorik, die Dinge schön zu reden geht aber auch nicht", so Platter. Man brauche "Rezepte und Strategien" und müsse auf alle Szenarien vorbereitet sein. Dafür sei die Bundesregierung verantwortlich. Einmal mehr meinte Platter aber, dass die Lage am Brenner "derzeit im Griff" sei.

Kurz: "Österreich wird die Brenner-Grenze schützen"

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat indes doch wieder die Pläne, Kontrollen an der österreichisch-italienischen Grenze einzuführen, verteidigt. "Österreich wird die Brenner-Grenze schützen, wenn keine Bereitschaft besteht, die Mittelmeerroute zu schließen", sagte Kurz vor Beginn eines Flüchtlingsgipfels mit Vertretern europäischer und afrikanischer Länder am Donnerstag in Rom.

Die Zusammenarbeit der österreichischen und italienischen Polizei im Grenzbereich funktioniere gut. Wenn jedoch der Ankunft von Migranten, die in Richtung Norden ziehen wollen, kein Ende gesetzt werde, sei Österreich gezwungen, seine Grenzen zu schützen, betonte der Minister. Einmal mehr trat er für eine Schließung der Mittelmeer-Route ein.

Kurz forderte einen "dringenden Systemwechsel" im Umgang mit der Flüchtlingskrise in Europa. "Es muss klar sein, dass Menschen nach der Rettung im Mittelmeer sofort zurückgestellt werden", so Kurz. Die meisten Personen, die in Italien eintreffen, hätten "keine Chancen auf Asyl", meinte er. "Die Botschaft muss klar sein: Wer illegal nach Europa kommt, wird nach der Rettung wieder zurückgeführt."

Die irreguläre Migration müsse "gestoppt werden, um zu verhindern, dass weitere Menschen im Mittelmeer ertrinken", sagte er. Nur so könne Schleppern die Geschäftsgrundlage entzogen werden.

Asselborn kritisiert Kurz

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat Österreich scharf kritisiert. "Mir graut es vor Aussagen wie, 'Wir müssen die Mittelmeerroute schließen'", so Asselborn beim Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag in Estland. Auch angesichts der Pläne zur Einführung von Grenzkontrollen an der Brenner-Grenze zeigte sich der Luxemburger kritisch.

Asselborn fragte, ob die Pläne zur Schließung der Mittelmeer-Route, die Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wiederholt gefordert hat, heißen sollen, dass Bootsflüchtlinge in Seenot nicht mehr gerettet werden sollten. "Das zweite ist: Wir werden auch keine Lösungen finden mit Panzern an den Grenzen und mit Hunderten von Soldaten. Das zeugt nicht gerade von europäischer Solidarität", so Asselborn in Anspielung auf die Vorbereitung Österreichs zur Wiedereinführung von Kontrollen an der österreichisch-italienischen Grenze am Brenner.

Hilfe "vor Ort in Afrika"

Außenminister Kurz sprach sich für Kooperationen mit afrikanischen Ländern aus. Priorität habe es, die Hilfe "vor Ort in Afrika" auszubauen. Wichtig sei auch die Stabilisierung der Lage in Libyen und der Ausbau seiner Küstenwache, damit von der libyschen Küste keine Flüchtlingsboote ablegen. "Die EU muss Druck auf die Transitländer ausüben: Wer im Umgang mit der Flüchtlingskrise nicht kooperiert, dem werden Entwicklungsgelder gestrichen", meinte er.

Österreich könne niemand vorwerfen, im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik nicht solidarisch genug zu handeln. "Österreich zählt zu den EU-Ländern, die im Vergleich zur Einwohnerzahl die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben. Wir haben mehr Flüchtlinge als Italien und Griechenland aufgenommen. Niemand kann uns den Vorwurf machen, dass wir nicht helfen", kommentierte der Außenminister.

(APA)

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