Schulz setzt bei EU-Flüchtlingsverteilung auf Geldhebel

SPD-Chef Martin Schulz ist in der Asylfrage auf Linie mit seinem österreichischen Kollegen Christian Kern (SPÖ).
SPD-Chef Martin Schulz ist in der Asylfrage auf Linie mit seinem österreichischen Kollegen Christian Kern (SPÖ).imago/photothek
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SPD-Kanzlerkandidat Schulz fordert finanzielle Nachteile beim EU-Budget für jene Staaten, die sich in der Asylfrage nicht solidarisch zeigen.

Wer als EU-Staat die Aufnahme von Flüchtlingen verweigert, soll nach dem Willen des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz finanzielle Nachteile zu spüren bekommen. Das geht aus einem Grundsatzpapier vor, das Schulz am Sonntag in Berlin vorstellen wird und das der Deutschen Presse-Agentur in Auszügen vorliegt.

Nach der Wahl will die SPD demnach auf EU-Ebene aushandeln, dass Mitgliedsstaaten bei der Verteilung von EU-Geld schlechter gestellt werden, wenn sie sich nicht an der Flüchtlingsaufnahme beteiligen. Staaten, die vielen Asylsuchenden Schutz bieten, sollen dagegen zusätzliche finanzielle Unterstützung bekommen.

Die Verteilung von Flüchtlingen in Europa sorgt seit Jahren für heftige Auseinandersetzungen in der EU. Mehrere Mitgliedsstaaten missachten EU-Beschlüsse dazu und nahmen bisher keine oder nur wenige Flüchtlinge auf. Der Streit beschäftigt inzwischen den Europäischen Gerichtshof. Auf EU-Ebene steht bald die Finanzplanung für die Jahre ab 2021 an. Die Verhandlungen dürften 2018 beginnen. Schulz will die Finanzplanung - wenn er denn im Herbst Kanzler würde - als Hebel nutzen, um Bewegung in den Flüchtlingsstreit zu bringen.

"Solidarität ist keine Einbahnstraße"

In seinem Grundsatzpapier heißt es: "Wir werden im Zuge der nächsten europäischen Haushaltsplanung die Finanzplanung als Solidaritätspakt formulieren." Darin müsse klar geregelt sein, "dass Länder, die Solidarität in wichtigen Fragen verweigern, finanzielle Nachteile in Kauf nehmen müssen und nicht mehr mit der vollen Solidarität Deutschlands und der anderen Staaten rechnen können". Und weiter: "Solidarität ist keine Einbahnstraße. Wer kategorisch die Aufnahme von Flüchtlingen verweigert oder Steuerdumping und einen ruinösen Steuerwettbewerb betreibt, verhält sich unsolidarisch."

Europa brauche einen Mechanismus, der bei der akuten Überlastung eines Landes einen Transfer von Flüchtlingen in ein anderes EU-Land ermögliche. Staaten, die ihrer Pflicht nachkommen, sollen nach dem Willen der SPD finanzielle Hilfe bekommen. "Staaten, die Flüchtlinge aufnehmen, sollen Unterstützung erhalten, zum Beispiel für den Aufbau von Gemeindeeinrichtungen, Schulen oder für die medizinische Versorgung", heißt es dazu im Schulz-Papier. Um Anreize für eine freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen zu schaffen, sei eine zusätzliche finanzielle Unterstützung für jene Länder nötig, die eine Hauptlast bei der Flüchtlingsaufnahme trügen.

Auf einer Linie mit Kern

Schulz liegt mit seiner Position auf einer Linie mit Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der in seinem diese Woche präsentierten "Sieben-Schritte-Plan" zur Eindämmung der illegalen Migration jenen Staaten, die sich einer gleichmäßigen Verteilung von Flüchtlingen und Migranten in der EU verweigern, "Konsequenzen in künftigen EU-Finanzplänen" in Aussicht gestellt hatte.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil mahnte, die EU brauche dringend eine gemeinsame Antwort auf die sich abzeichnende humanitäre Katastrophe. "Sonst steht Europa vor einer riesigen Zerreißprobe", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Es drohe ein weiterer Zerfall der EU. Die aktuelle Lage in Italien zeige deutlich, dass die Flüchtlingskrise nicht vorbei sei. "Europa darf Italien in dieser Frage nicht alleine lassen", betonte er. "Soldaten an europäischen Binnengrenzen mit aufgepflanzten Bajonetten am Brenner - das kann nicht die Antwort auf diese Krise sein."

Nötig seien eine faire Verteilung von Flüchtlingen in ganz Europa und eine gemeinsame Afrika-Strategie. Es gehe um einen "solidarischen Flüchtlingspakt", sagte er. "Europa ist in Sachen Solidarität in der Flüchtlingsfrage keine Einbahnstraßen-Veranstaltung." Deutschland habe sich in früheren Jahren "nicht gerade mit Ruhm bekleckert" und etwa während der Flüchtlingsankünfte in Griechenland und Italien "diese Frage zu sehr ausgeblendet". In der Flüchtlingskrise 2015 habe es aber große Hilfsbereitschaft gegeben.

(APA/dpa)

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