In Großbritannien lebende Niederländer fürchten um ihre Nationalität und fordern Doppelstaatsbürgerschaft.
Den Haag. Der Brexit wirft seine Schatten voraus. Nun fürchten mehr als 100.000 Niederländer, die in Großbritannien wohnen und arbeiten, dass sie ihre niederländische Nationalität aufgeben müssen, um auch nach dem Austritt der Briten aus der Europäischen Union mit den gleichen Rechten im Vereinigten Königreich weiter leben zu können, und sie einen britischen Pass anfragen müssen. Tun sie das aber, dann müssen sie ihren niederländischen Pass abgeben. Für die Niederländer in Großbritannien stellt sich jetzt also die Frage: Niederländisch bleiben oder britisch werden?
Rund 22.000 Niederländer, die in Großbritannien leben, haben nun in einer Petition an die Haager Regierung darum gebeten, dass man ihnen den niederländischen Pass nicht abnehmen solle, wenn sie einen britischen anfragen. Sie wollen die doppelte Nationalität, die britische und die niederländische. Doch sie haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Den Haag bleibt hart, will keine doppelte Staatsbürgerschaft zulassen.
„Das Verhindern einer doppelten Nationalität, das ist einer der Kernpunkte unserer Regierungspolitik,“ stellt der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte in einer Antwort an die Petitionäre fest. „Wer eine andere Nationalität anfragt und annimmt, der muss seinen niederländischen Pass abgeben. Wenn das Band, das ein Niederländer mit einem anderen Land hat, größer geworden ist, als das Band mit der alten Heimat, muss man sich entscheiden.
Loyal zum Staat
Der Haager Regierungschef sieht „keine Möglichkeiten“ die derzeit geltenden strengen gesetzlichen Regelungen in Richtung einer doppelten Staatsbürgerschaft aufzuweichen. Diese gesetzlichen Regelungen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft wurden geschaffen, damit Immigranten, die in die Niederlande kommen, sich schneller und besser integrieren sollen, in dem sie sich für eine einzige Nationalität entscheiden müssen, nämlich für die niederländische. Wer nur die niederländische Nationalität habe, der sei auch loyaler zum niederländischen Staat, so argumentiert die Haager Regierung.
„Man sollte diese harte Haltung, die nur eine Nationalität zulässt, aufgeben,“ fordert dagegen Eelco Keij, einer der Initiatoren der Petition. Keij, der lange in New York lebte, stellt fest: „Sechs Prozent der Niederländer leben im Ausland. Wenn man krampfhaft daran festhält, dass man nur eine Nationalität haben kann, dann gibt es nur Verlierer.“
Keij verweist auch auf die Beispiele Belgien, Frankreich und Dänemark, wo es keine so strikte Ein-Nationalitäten-Politik gebe wie in den Niederlanden, und man mehr Ausnahmen zu lasse. Aber er wird bei der heutigen Haager Regierung mit dieser Forderung wohl auf taube Ohren stoßen. Denn sie führt gerade auch eine Kampagne mit einem TV-Spot zur Nationalitätenfrage. Sie zeigt einen niederländischen Bauern, der nach Texas, USA, auswanderte, nach Jahren einen amerikanischen Pass erhielt und der dann im TV-Spot feststellt: „Und den niederländischen Pass den war ich dann automatisch los.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2017)