Orbán: „Wir sind die Zukunft Europas“

Der ungarische Premierminister, Viktor Orbán.
Der ungarische Premierminister, Viktor Orbán.(c) imago/Xinhua
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Der biologische Fortbestand der Europäer sei gefährdet, warnt Ungarns Premier.

Wien. Dass Viktor Orbán seine programmatischen Reden gerne außerhalb von Budapest hält, ist hinlänglich bekannt. Seine Ankündigung, Ungarn zu einer „illiberalen Demokratie“ nach dem Vorbild Russlands und Chinas umgestalten zu wollen, machte der seit 2010 amtierende Premierminister Ungarns 2011 in der Stadt B?ile Tuşnad in Siebenbürgen, dem Zentrum der ungarischen Minderheit in Rumänien.

Auch heuer war Orbán bei der ungarischen Sommerakademie in B?ile Tuşnad zu Gast – und auch diesmal hatte er eine Grundsatzrede mit im Gepäck. Im Mittelpunkt seiner Ausführung standen allerdings nicht seine Pläne für Ungarn, sondern für die gesamte Europäische Union. „Vor 27 Jahren (also nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, Anm.) haben wir Mitteleuropäer geglaubt, dass Europa unsere Zukunft ist. Heute spüren wir, dass wir die Zukunft Europas sind“, sagte Ungarns Regierungschef gemäß dem Nachrichtenportal „Visegrád Post“.

Ungarn als „bedrohte Spezies“

In seinen Ausführungen zeichnete Orbán ein düsteres Bild von der Lage in Europa: Demnach haben sich globale Eliten, Brüsseler Eurokraten und Milliardär George Soros zu einer Kabale verschworen, um Europa ethnisch umzugestalten und zu islamisieren. Dass das „Soros-Imperium“ für die Flüchtlingskrise und Wanderbewegung nach Europa hauptverantwortlich ist, steht für Orbán ebenso fest wie die Grundannahme, wonach „nur jene Gesellschaften überleben können, die ihren biologischen Fortbestand sichern“ – und zwar ausschließlich über einen natürlichen Geburtenüberschuss. Bis Ungarn so weit ist, müsse man seine Einwohner als „demografisch bedrohte Spezies“ betrachten.

Von einer humanitären Verpflichtung zur Solidarität mit Kriegsflüchtlingen will Orbán nichts wissen, denn „in der europäischen Kultur ist Solidarität kein Selbstzweck“, sondern stets dem Ziel des eigenen Fortbestands untergeordnet. Daraus zieht der ungarische Regierungschef den folgenden Schluss: „Wir dürfen niemals mit Menschen und ethnischen Gruppierungen solidarisch sein, die unsere europäische Kultur verändern wollen.“ An die Möglichkeit einer Anpassung der Neuankömmlinge glaubt Orbán übrigens nicht: Er kenne „kein einziges Beispiel einer erfolgreichen Integration“. (ag./la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2017)

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