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Österreichs Problem mit Freizügigkeit

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Nur Briten und Italiener sind bei der Mobilität von Arbeitskräften skeptischer.

Brüssel/Wien. Ein knappes Viertel der Österreicher hat Vorbehalte gegen die Freizügigkeit von Arbeitnehmern in der EU. Damit liegt das Land im EU-Vergleich an der drittletzten Stelle gerade noch vor Großbritannien und Italien. Während beispielsweise 91 Prozent der Deutschen laut der jüngsten EU-weiten Eurobarometer-Umfrage „die Freizügigkeit von EU-Bürgern, die überall in der EU leben, arbeiten, studieren und Geschäfte machen können“, befürworten, sind es in Österreich lediglich 74 Prozent. 22 Prozent lehnen dies ab.

Österreich liegt damit auch klar unter dem EU-Schnitt (81 Prozent Zustimmung). Die Skepsis dürfte zum einen mit der geografischen Lage zusammenhängen. Denn kaum ein EU-Land ist von so vielen Partnerländern umgeben, deren Wohlstandsniveau unter dem eigenen liegt. Das dürfte die Furcht vor Arbeitsmigranten erhöhen. Zum anderen hat sich in Österreich die Arbeitslosenrate in den Krisenjahren seit 2008 erhöht. Die Angst, selbst den Arbeitsplatz durch Zuzug von Konkurrenz aus anderen EU-Ländern zu verlieren, ist dadurch gestiegen.

Dass es einen Zusammenhang zwischen der Einschätzung zur Entwicklung des nationalen Arbeitsmarkts und der Skepsis gegenüber dem Modell offener Grenzen für Arbeitskräfte gibt, wird durch die Stimmungsentwicklung deutlich: Die letzten standardisierten Eurobarometer-Umfragen belegen, dass sich zwischen Frühjahr 2016 und Frühjahr 2017 die Einstellung zur Lage der Wirtschaft und zur Entwicklung des Arbeitsmarkts in Österreich deutlich verbessert hat. Der Anteil der Befragten, die der Ansicht sind, dass die „Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt bereits ihren Höhepunkt erreicht haben“ und sich die Lage nun verbessere, lag in Österreich bei der letzten Auswertung im Frühjahr bei 56 Prozent. Und damit um elf Prozentpunkte über dem Wert ein Jahr davor. Gleichzeitig hat sich auch die Zustimmung zur Freizügigkeit in diesem Zeitraum erhöht. Im vergangenen Jahr waren 70 Prozent der Befragten für die Freizügigkeit. Österreich lag auch damals im hinteren Feld der EU-Länder. Dieses Jahr hat sich die Zustimmung immerhin um vier Prozentpunkte verbessert.

Breite Skepsis bei EU-Politik

Insgesamt standen die befragten Österreicher und Österreicherinnen bei der jüngsten Eurobarometer-Umfrage den meisten EU-Politikfeldern weniger aufgeschlossen gegenüber als die meisten anderen EU-Bürger. Ob es um die gemeinsame Verteidigungspolitik, die gemeinsame Energiepolitik, die gemeinsame Migrationspolitik oder sogar den gemeinsamen digitalen Binnenmarkt ging, die heimische Bevölkerung war zwar mehrheitlich dafür, aber es gab deutlich mehr Skeptiker als in den meisten anderen EU-Ländern. Klar negativ fiel die Haltung zum Handelsabkommen mit den USA aus. Dafür sprachen sich 54 Prozent der EU-Bürger aus, aber nur 23 Prozent der befragten Österreicher und Österreicherinnen. Über EU-Schnitt lag lediglich die Einstellung zum Euro (68 Prozent). (wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2017)

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