Die Kritik am Vorschlag des Kommissionspräsidenten, nach dem Brexit alle EU-Länder in den Euro zu führen, wächst. Sind Länder wie Tschechien, Polen oder Bulgarien überhaupt reif dafür?
Wien. In Wahlkämpfen sind große Änderungen auf EU-Ebene nicht opportun. So war es keine Überraschung, dass aus Deutschland und Österreich umgehend Kritik laut wurde, nachdem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine Ausweitung der Eurozone auf alle EU-Mitglieder angeregt hatte. „Das ist der falsche Vorschlag zur falschen Zeit“, kritisierte der bayrische Finanzminister, Markus Söder (CSU). In Österreich waren sich die konkurrierenden Parteichefs von SPÖ und ÖVP, Christian Kern und Sebastian Kurz, einig. Sie warnten vor einem Desaster wie mit Griechenland, das einst zu eilig in die Währungsunion aufgenommen wurde.
Doch während Athen nach wie vor mit einer riesigen Staatsverschuldung von rund 180 Prozent des jährlichen BIPs kämpft, erzielen manche der von Juncker angesprochenen Euro-Anwärter Haushaltszahlen, die sich viele bisherige Mitglieder nur erträumen können. Bulgariens Staatsschuldenquote liegt bei bescheidenen 29,5 Prozent. Tschechien kommt auf 37,2 Prozent des BIPs. Die jährlichen Defizite der meisten dieser Länder sind auf einem Tiefststand. Schweden, Bulgarien und Tschechien erwirtschafteten vergangenes Jahr entweder einen kleinen Überschuss oder bilanzierten ausgeglichen. Von den insgesamt acht Anwärtern erfüllen derzeit sechs die Maastricht-Haushaltskriterien.