EU-Staaten beschließen Startschuss für Verteidigungsunion

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Der Beschluss der EU-Staaten ist der erste Schritt zu einer gemeinsamen Verteidigung. Damit will die Union in Rüstungsfragen unabhängiger von den USA werden. Österreich beteiligt sich an vier Projekten.

Die EU-Staaten haben am Montag beim Außenministertreffen in Brüssel erstmals eine ständige militärische Zusammenarbeit beschlossen. Daran werden sich neben Österreich 24 weitere EU-Länder beteiligen. Die "Ständige Strukturierte Zusammenarbeit" in Militärfragen (Pesco) soll die EU unabhängiger von den USA machen und zu einer engen Kooperation bei Rüstungsprojekten führen. Der Beschluss ist allerdings nur ein erster, kleiner Schritt zu einer Verteidigungsunion, wie sie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einfordert.

Die ständige strukturierte Zusammenarbeit, die am Montag bei einem EU-Außenministertreffen in Brüssel formell beschlossen wurde, soll mit 17 konkreten Projekten starten. Die teilnehmenden Länder verpflichten sich darin, ihre Verteidigungsausgaben regelmäßig zu steigern, um Kapazitätslücken zu schließen. Zudem haben sie versichert, dass sie weiterhin EU-Einsätze in Drittstaaten mit Truppen und Material versorgen. Einen Sanktionsmechanismus bei Nichterfüllung dieser Pflichten gibt es allerdings nicht.

Pesco hat vorerst vor allem den Sinn, die Beschaffung der teilnehmenden Militärs effizienter zu gestalten und die europäische Rüstungsindustrie zu stärken. Operativ, das heißt etwa in Form gemeinsamer Verteidigungsmaßnahmen, wird sich durch Pesco nichts ändern. Auch an den Aufbau einer gemeinsamen Armee ist in dieser strukturellen Zusammenarbeit vorerst nicht gedacht. Mitgliedstaaten werden weiterhin freiwillig an streng begrenzten internationalen Einsätzen - wie beispielsweise am Horn von Afrika - mitwirken.

"Kein Rütteln an Neutralität"

Österreich wird sich in "einem ersten Schritt" an vier Projekten beteiligen, sagte Generalmajor Johann Frank am Montag. Es handle sich dabei um ein "Cyberprogramm" mit Griechenland und um ein Programm im Bereich Katastrophenhilfe mit Italien. Mit Deutschland arbeite man außerdem am Aufbau eines Kompetenzzentrums von EU-Trainingsmissionen und an einem Programm zur Verbesserung des grenzüberschreitenden militärischen Transports, erklärte Frank weiter. In einem "zweiten Schritt", so der Generalmajor, würden dann auch eigene Projekte ab 2018 geprüft. Konkret gehe es dabei um ein europäisches Gebirgskampfzentrum und ein Projekt im Rüstungsbereich.

Der Grundstein für die verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung war im vergangenen Monat bei einem gemeinsamen Treffen der Außen- und Verteidigungsminister gelegt worden. Außenminister Sebastian Kurz versicherte damals, dass die Teilnahme "kein Rütteln an der Neutralität" Österreichs bedeute.

Großbritannien bremste

Nicht dabei bei der Kooperation sind lediglich Dänemark, Großbritannien und Malta. Dänemark beteiligt sich traditionell nicht an der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Großbritannien will 2019 bereits aus der EU ausgetreten sein. Malta wollte offensichtlich die Teilnahmekriterien nicht erfüllen, die unter anderem eine regelmäßige Erhöhung der Verteidigungsausgaben vorsehen.

Die Möglichkeit, eine ständige strukturierte Zusammenarbeit zwischen EU-Staaten zu vereinbaren, war bereits 2009 mit dem Lissabon-Vertrag der EU geschaffen worden. Hintergrund war die Erkenntnis, dass das Einstimmigkeitsprinzip in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) immer wieder ehrgeizige Projekte ausbremst oder ganz verhindert. Dass die Zusammenarbeit nicht schon viel früher vereinbart wurde, hatte vor allem mit dem Widerstand Großbritanniens zu tun. Vor dem Hintergrund des geplanten EU-Austritts hat London jetzt allerdings keine Argumente mehr dagegen.

(APA/dpa/red.)

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