EU wappnet sich für harten Brexit

So stellt sich der britische Künstler Banksy die Abwicklung der EU-Mitgliedschaft seines Landes vor. Nun präsentierte die EU-Kommission ihre Vorstellungen.
So stellt sich der britische Künstler Banksy die Abwicklung der EU-Mitgliedschaft seines Landes vor. Nun präsentierte die EU-Kommission ihre Vorstellungen.APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS
  • Drucken

Kommission veröffentlicht Notfallpläne für den Fall eines ungeordneten EU-Austritts. Die Eigeninteressen der Unionsmitglieder stehen im Vordergrund.

Im Disput um die Modalitäten des EU-Austritts Großbritanniens erhöht die EU-Kommission den Druck auf London. Am Mittwoch veröffentlichte die Brüsseler Behörde detaillierte Pläne für den Notfall eines ungeordneten Brexit, mit dem Teile der regierenden Tories kokettieren. Die Notfallpläne sind „auf jene Bereiche limitiert, die vitale Interessen der EU betreffen“, und sie sind „unilateral, zeitlich beschränkt und inhaltlich eng gefasst“, wie die Kommission in ihrer Aussendung festhielt.

Die Klarstellung ist dazu gedacht, den britischen Europafeinden das Wasser abzugraben – die Befürworter eines harten Brexit argumentieren nämlich, dass die EU aus Eigeninteresse für einen sanften Bruch mit Großbritannien sorgen werde und alle Warnungen vor den Konsequenzen eines Krachs überzogen seien. Experten auf beiden Seiten des Ärmelkanals halten diese Beteuerungen für naiv, blauäugig und irreführend. Die Veröffentlichung soll in diesem Zusammenhang für mehr Klarheit sorgen und Realitätssinn stiften.

Das nun vorgestellte Paket umfasst 14 Maßnahmen, die „kein vollwertiger Ersatz für das Austrittsabkommen“ sind, sondern für eine „sanfte Landung“ für die EU sorgen sollen, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Weitere Notklauseln zur Schadensbegrenzung sollen in den kommenden Wochen fixiert und publik gemacht werden.

Übergangsfristen für Verkehr

Sollte es zu einem ungeordneten EU-Austritt kommen, würde die Finanzbranche dessen Auswirkungen am allerwenigsten spüren – denn EZB und Bank of England haben bereits ein- bis zweijährige Übergangszeiträume für die wichtigsten Transaktionsarten (etwa Handel mit Derivaten) vereinbart. Die Brüsseler Behörde will weiters für den Flugverkehr Übergangsfristen schaffen – etwa für die Anerkennung von Sicherheitszertifikaten und für Landerechte bei direkten Flügen zwischen Großbritannien und der EU. Keine Galgenfrist soll es indes bei den Vorschriften hinsichtlich der Eigentümerstruktur von Airlines geben – was britischen Gesellschaften das EU-Geschäft deutlich erschweren bzw. verunmöglichen würde.

Auch was den Warenverkehr anbelangt, will die EU lediglich für das Allernotwendigste sorgen. Die Kommission plant demnach erweiterte Fristen für die Einreichung von Zollerklärungen, aber keine Ausnahmen vom Zoll für britische Waren – was an der wichtigen Route Dover–Calais für einen massiven Rückstau sorgen dürfte. Entgegenkommen will die Brüsseler Behörde auch britischen Frächtern – sie sollen bis Ende 2019 nicht vom EU-Binnenmarkt ausgeschlossen werden. Voraussetzung: EU-Frächter werden in Großbritannien genauso behandelt.

Schlechte Nachrichten hat die Kommission für jene rund eineinhalb Millionen Briten, die in der EU leben und arbeiten. Die Frage ihres Aufenthaltsstatus nach einem harten Brexit sollen die jeweiligen Unionsmitglieder beantworten – die Brüsseler Behörde sieht sich nicht für die Rechte der in der EU lebenden Briten zuständig und ersucht die Mitgliedstaaten lediglich um einen „pragmatischen“ und „fairen“ Umgang.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Europa

Brexit: Wie sich Labour selbst ins Aus schießt

„Es ist mir rätselhaft, wie wir bei so einer hoffnungslosen Regierung nicht haushoch in Führung liegen“, sagt ein prominenter Anhänger der britischen Oppositionspartei. Sie zahlt den Preis für ihr taktisches Brexit-Spiel.
London will nach dem EU-Austritt Einjahresvisa einführen, die es arbeitswilligen EU-Bürgern ermöglichen sollen, nach Großbritannien einzureisen, ohne über einen bereits unterschriebenen Beschäftigungsvertrag zu verfügen.
Europa

EU-Austritt: London drosselt Migration

Britische Regierung stellt Weichen für neue Einwanderungspolitik – Einjahresvisa für EU-Bürger nach dem Brexit geplant.
Premierministerin Theresa May will Mitte Jänner über den Austrittsdeal mit der EU abstimmen lassen. Die Chancen dafür sind verschwindend.
Europa

100 Tage bis zum Austritt: Die zehn Wege aus der Brexit-Blockade

Es gibt zehn Szenarien mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit, wie es mit Großbritannien weitergeht.
Österreich

Zwei Milliarden Pfund für einen Chaos-Brexit

Das britische Kabinett hat am Dienstag die Vorbereitungen für einen ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der EU verstärkt. Denn noch immer ist sich London über die Modalitäten des Brexit uneins.
Europa

Misstrauensantrag gegen May

Der Vorstoß der Labour Party ist eher symbolisch – er müsste sich gegen die gesamte Regierung richten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.