Brexit

Polen schert aus: EU streitet über Brexit-Zugeständnisse

Archivbild: Polens Außenminister Czaputowicz (re.) im Gespräch mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini.
Archivbild: Polens Außenminister Czaputowicz (re.) im Gespräch mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini.REUTERS
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Außenminister Czaputowicz weicht von der EU-Linie ab. Er kann sich eine Befristung des sogenannten Backstops für Nordirland vorstellen. Irland kämpft weiter dafür, dass Grenze zu Nordirland unbefristet offen bleibt.

Die Einheit der EU-27 ist ein hohes Gut in den Brexit-Verhandlungen, das wurde stets von allen Beteiligten betont und gelobt. Denn tatsächlich ist es der EU bisher gelungen, die Mitglieder auf Linie zu halten. In der Suche nach einem Kompromiss, der es der britischen Premierministerin Theresa May ermöglichen würde, den verhandelten Deal durch das britische Parlament zu bringen, machte sich der polnische Außenminsiter für einen Kompromiss stark, der bisher von EU-Seite stets verweigert worden war: Er sei für eine Befristung des sogenannten Backstops für Nordirland auf fünf Jahre, sagte Außenminister Jacek Czaputowicz am Montag nach Angaben des britischen Senders BBC.

Der Backstop ist die von der EU geforderte Garantie, dass es zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland auch nach dem für Ende März geplanten Brexit keine Grenzkontrollen und Schlagbäume gibt. Die EU lehnt eine Befristung bisher ab.

Czaputowicz sagte, er habe über die Befristung mit dem irischen und dem britischen Außenminister gesprochen. "Ich weiß nicht, ob das umsetzbar ist, ob Irland bereit ist, einen solchen Vorschlag zu machen. Aber ich habe den Eindruck, das könnte die Blockade bei den Verhandlungen lösen."

Der zwischen der britischen Regierung und der EU ausgehandelte Brexit-Vertrag war vorige Woche unter anderem wegen des Backstops im britischen Unterhaus gescheitert. Nun wird nach einem Weg gesucht, einen ungeregelten britischen EU-Austritt Ende März zu vermeiden. Am Montagnachmittag gegen 16.30 Uhr will die britische Regierungschefin May ihren Plan B dem Unterhaus erklären.

Irland dementiert

Doch Irland sieht die Sache nicht ganz so wie Polen. Man beharrt im Brexit-Streit weiter auf einer unbefristeten Garantie für eine offene Grenze zum britischen Nordirland. Dies bekräftigte der irische Außenminister Simon Coveney am Montag in Brüssel.

Coveney sagte, Czaputowicz' Äußerungen gäben nicht die Auffassung der EU wider. "Ich habe sehr deutlich gemacht, dass eine Befristung der Rückversicherung, also des Backstops, letztlich bedeutet, dass es gar kein Backstop mehr ist." Er verstehe aber die polnische Sorge, eine Lösung zu finden und einen ungeregelten britischen EU-Austritt zu vermeiden.

Der zwischen der britischen Regierung und der EU ausgehandelte Brexit-Vertrag war vorige Woche unter anderem wegen des Backstops im britischen Unterhaus gescheitert. An diesem Montagnachmittag will die britische Regierungschefin Theresa May sagen, wie es weiter gehen soll.

Der britische Außenminister Jeremy Hunt wollte sich in Brüssel nicht dazu äußern, wie der Plan B aussehen soll. Hunt bekräftigte aber, dass die britische Regierung zum Friedensprozess in Irland stehe. Beobachter befürchten, dass eine feste Grenze zwischen Irland und Nordirland den Friedensprozess stoppen und neue Gewalt anfachen könnte.

Maas will wissen, was Londoner Parlament will

Der deutsche Außenminister Heiko Maas sagte in Brüssel: "Wir müssen jetzt endlich wissen, was man in London will und wofür es eine Mehrheit im Parlament gibt." Danach könne man mit Großbritannien darüber reden, wie ein Brexit ohne Abkommen zu verhindern sei. "Denn das wollen ja anscheinend alle."

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn schlug vor, sich auf die Option einer dauerhaften Zollunion zu konzentrieren. "Damit könnte man die irische Frage lösen und man könnte auch ein Chaos verhindern am 30. März", sagte er in Brüssel. Ein Austritt Großbritanniens ohne Abkommen führe unweigerlich dazu, dass es wieder Grenzkontrollen und Zölle gebe. "Das will ja keiner", sagte Asselborn.

(APA/dpa)

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