EU-Studie: Drogenkonsum wandert von Reich zu Arm

Symbolbild: Drogen
Symbolbild: Drogen(c) APA (Helmut Fohringer)
  • Drucken

In den westlichen Ländern sinkt der Konsum, in armen steigt er. In Ländern wie China und Russland boomen Heroin und Kokain. Mit dem Drogenhandel verdient nur eine kleine Minderheit.

Im vergangenen Jahrzehnt hat sich die weltweite Drogenproblematik verlagert: Der Konsum verschiebt sich von den reichen zu den ärmeren Ländern. Das Problem ist dadurch keineswegs geringer geworden. Das geht aus einer Studie der EU-Kommission hervor, die den Zeitraum von 1998 bis 2007 beleuchtet und am Dienstag in Wien vorgestellt wurde.

Die Situation ist komplexer geworden: Die Preise für Drogen sind in den meisten westlichen Ländern seit 1998 um nicht weniger als zehn bis 30 Prozent gefallen, obwohl die Verkäufer, beispielsweise von Kokain und Heroin, in einigen Ländern strenger bestraft werden. Andererseits gibt es keine Hinweise darauf, dass der Erwerb von Drogen schwieriger geworden ist.

Drastisch gestiegen ist die Produktion von Rohopium, aus dem etwa Heroin gewonnen wird: Waren es 1998 nach Schätzungen der UNO noch 4346 Tonnen, betrug die weltweite Gesamtproduktion 2007 schon 8870 Tonnen. Eine etwas flachere Kurve zeigt sich bei Kokain: 1998 waren es laut UNO-Daten 825 Tonnen, 2007 waren es 994 Tonnen. Die höchste Menge wurde im Jahr 2004 mit 1008 Tonnen erhoben. Nach Bekämpfungsmaßnahmen in den vergangenen Jahren hat sich die Produktion von Peru und Bolivien nach Kolumbien verlagert.

Heroin-Epidemie in China

Während Europa, Australien oder die USA abnehmende Zahlen bei Heroinkonsumenten verzeichnen, nimmt die Zahl der Süchtigen in ärmeren Ländern zu. Eine gravierende Entwicklung gab es in der Russischen Föderation: Die Prävalenz liegt bei 1,6 Prozent der Bevölkerung, was 1,5 Millionen Menschen bedeutet. Ähnlich sind die Raten in Zentralasien, wobei die Gesamtzahl der Konsumenten geringer ist.

China hatte in den späten 1990er Jahren eine regelrechte Heroin-Epidemie zu verzeichnen. Vor allem die Provinzen nahe der Grenze zu Myanmar sind betroffen. Eine zusätzliche Ausbreitung konnte seither nicht verzeichnet werden, ergab die EU-Studie. Zwar ist die Gesamtzahl von rund zwei Millionen Heroinkonsumenten hoch, gemessen an der Gesamtbevölkerung machen sie dennoch nur 0,25 Prozent aus. Die höchste Prävalenz weist der Iran auf, wo 2,8 Prozent der Bevölkerung Heroin konsumiert.

Minderheit verdient an Drogenhandel

Global rückläufig ist Cannabis. Allerdings ist die Droge in vielen Ländern "normal" geworden. Rund die Hälfte der nach 1980 in westlichen Ländern Geborenen hat es zumindest einmal probiert, wobei die Mehrheit mit dem Konsum der Droge im frühen Erwachsenenalter wieder aufhört.

Der Bericht bietet auch Einblicke in die wirtschaftlichen Grundlagen des weltweiten illegalen Drogenmarktes mit Schätzungen der Produktionskosten und der Wertschöpfung während der gesamten Verwertungskette vom Anbau bis zum Einzelverkauf. Die Einkommensverteilung der am Drogenhandel Beteiligten wurde analysiert und führte zu einem überraschend banalen Ergebnis. Nur eine kleine Minderheit erzielt erhebliche Gewinne: Mehr als hundert Millionen Euro wird im Verkauf erzielt, die große Mehrheit verdient nur sehr wenig daran.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Weltjournal

Kokainkonsum gehört fast zum guten Ton

M. läuft jedes Jahr den London-Marathon, und ihr Mann B. ist Vegetarier. Sie trinken nicht und rauchen nicht.
Weltjournal

Junkies vertreiben oder sich einfach arrangieren?

„Dealer raus“, skandieren die einen. „Wir bleiben alle“, die anderen.
Weltjournal

Bandenkriege: Palermo liegt jetzt an der Amstel

Die älteste Gracht der niederländischen Hauptstadt Amsterdam, der Zeedijk, sah vor einigen Jahren noch so aus: Ausgemergelte Junkies warteten auf ihre Dealer.
Weltjournal

Heroin und saubere Spritzen auf Krankenschein

Die Drogenhölle liegt im Herzen der Bankenmetropole. Junkies setzen sich die Spritze in aller Öffentlichkeit.
Österreich

Die Hilflosigkeit der Drogenpolitik

Alle Kennzahlen, die das Ausmaß des Drogen-Problems abbilden, steigen seit Jahren. Anstatt neue Lösungsansätze zu suchen, ist die „Drogenhilfe-Industrie“ jedoch mit Selbstverwaltung beschäftigt, sagen Kritiker.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.