Sturmtief Egon schlug eiskalt zu

Sturmtief ´Egon´ - Erzgebirge
Sturmtief ´Egon´ - Erzgebirge(c) APA/dpa-Zentralbild/Jan Woitas (Jan Woitas)
  • Drucken

Weite Teile Deutschlands, Frankreichs, der Schweiz und der Beneluxstaaten wurden von einem Blizzard heimgesucht. In Österreich dürfte er sich aber gemäßigter austoben.

Paris/München/Zürich. Von „Chaossturm“ und „Blizzard“ ist mitunter die Rede – und tatsächlich hat es jenes Tiefdruckgebiet, das sich seit Tagen von Grönland her über Island und die Nordsee genähert und letztlich bis Freitag weite Teile Frankreichs, Deutschlands, Dänemarks, der Beneluxstaaten und der Schweiz erfasste hatte, sozusagen frostdick hinter den Ohren: Das Egon genannte Sturmtief unterbrach Stromleitungen und Verkehrsverbindungen, riss Bäume um und sorgte für starke Schneefälle bis in die Ebenen.

In Frankreich fiel zeitweise in mehr als 330.000 Haushalten der Strom aus, betroffen waren vor allem die nördlichen Regionen Normandie und Picardie. Heftige Winde fegten mit teilweise mehr als 130 Stundenkilometern übers Land, entwurzelten Bäume, rissen Stromkabel ab und beschädigten Dächer. Nahe Nizza in Südfrankreich wurde eine 43-jährige Mutter vor den Augen ihrer Kinder von einer Zypresse erschlagen, als sie die Kinder zur Schule bringen wollte. Ihr Ehemann versuchte vergeblich, die Frau unter dem Baum zu befreien.

Rund 180 Passagiere eines Thalys-Schnellzugs auf dem Weg von Brüssel nach Paris mussten die Nacht auf Freitag im Zug verbringen. Grund waren gleich zwei Oberleitungsschäden, wie ein Sprecher der französischen Staatsbahn SNCF sagte. Feuerwehr und der Zivilschutz brachten den Passagieren Decken, heiße Getränke und Essen. Der Zug kam schließlich am Freitagvormittag statt wie geplant Donnerstagabend an.

Bodenseefähren unterbrochen

In der Schweiz wurde stellenweise der Verkehr lahmgelegt. In der Region Basel fielen Züge aus, ebenso am Bodensee Fähren zum deutschen Ufer, wie die Schweizer Bahnen am Freitag mitteilten. Die Windböen erreichten in Cressier 50 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Bern Geschwindigkeiten von 117 km/h. Auf dem rund 2500 Meter hohen Säntis nahe der Grenze zu Vorarlberg maß man sogar um die 154 km/h. Die SBB mussten einige Strecken wegen der Unwetter sperren, darunter bei Montreux am Genfer See und bei Weissbad südlich des Bodensees. Selbst die Autopassage durch den Gotthardtunnel zwischen dem Nordschweizer Kanton Uri und dem Tessin war wegen enormen Schneefalls zeitweise kaum möglich.

In Deutschland schlug Egon ebenso eiskalt zu und verursachte massive Verkehrsbehinderungen und viele Unfälle, bei denen es auch Verletzte gab. Wegen starken Winds und der Schneefälle wurden am Freitag auf dem Flughafen Frankfurt mindestens 120 Flüge gestrichen, sagte ein Sprecher der Betreibergesellschaft Fraport. Die Deutsche Bahn reduzierte die Höchstgeschwindigkeit ihrer ICE-Züge auf maximal 200 Stundenkilometer, was zu Verspätungen führte, zudem fielen fast überall im Land Züge aus. Die Strecke Hannover–Bremen etwa wurde gesperrt, ebenfalls jene zwischen Frankfurt und Würzburg sowie zwischen Karlsruhe und Mannheim.

In Teilen Bayerns und Baden-Württembergs sorgte Egon für Stromausfälle, besonders betroffen war der Großraum Nürnberg.

In einigen Gebieten an der englischen Südostküste wurden derweil am Freitag mehrere Orte wegen Sturmflutwarnung evakuiert.

Auch in Österreich wird's kühl

Egon sollte in der Nacht auf Samstag auch Österreich im Verlauf der Alpennordseite erfassen und das Tauwetter jäh und längerfristig beenden. Der Sturm dürfte aber mäßiger ausfallen, der Wetterdienst Ubimet sagte Böen bis zu 110 km/h voraus, andere Dienste sprachen von 50 bis 70 km/h, jedenfalls werden kräftige Schneefälle von bis zu einem halben Meter erwartet, wobei das östliche Flachland davon nur wenig abbekommen soll. Es wird auch wieder frischer, am Wochenende kommen die Temperaturen nicht über null bis zwei Grad hinaus, Tendenz fallend. (ag./wg).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.