Belgien: Busreisende im Visier der Polizei

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BELGIUM-ATTACKS(c) APA/AFP/ANP/BART MAAT
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In den Passagierströmen durch das Land verbergen sich auch Kriminelle, Islamisten, Waffen und Drogen. Nun werden Langstreckenbusse und Züge verstärkt kontrolliert.

Antwerpen/Brüssel/Den Haag. Das terrorgeprüfte Belgien macht Ernst: Nachdem die Brüsseler Regierung schon im vergangenen Jahr beschlossen hatte, künftig auch Reisebusse und Züge zu kontrollieren, in denen tagtäglich Zehntausende Menschen über die offenen Grenzen nach Belgien kommen oder das Land zumindest passieren, ist das nun dieser Tage erstmals in großem Stil geschehen: In der nordbelgischen Hafenstadt Antwerpen hat, wie jetzt bekannt wurde, ein mehr als 100-köpfiges Einsatzkommando der Polizei vor wenigen Tagen gleich 30 Busse gestoppt, die aus den Niederlanden bzw. Deutschland gekommen waren. Dabei fand man unter anderem Drogen, Waffen und polizeilich gesuchte Kriminelle in den Bussen.

Unterstützt wurde die Polizei von Hubschraubern, die die Busse auf den Autobahnen um Antwerpen ausfindig machten und Kollegen am Boden per Funk zu den Fahrzeugen dirigierten, die auf Parkplätze geleitet wurden. Alle Passagiere und deren Gepäck wurden kontrolliert, doch auch die Busfahrer blieben nicht ungeschoren: Zumindest einer davon stand unter Drogeneinfluss und durfte nicht mehr weiterfahren.

Mehrere Verhaftungen

Mindestens drei Personen wurden festgenommen, da sie auf der Fahndungsliste der europäischen Polizeibehörde Europol standen, berichtete Innenminister Jan Jambon. Außer allerhand Drogen – vor allem Marihuana, Kokain und chemische Drogen – fand die Polizei bei nicht wenigen Passagieren auch Schuss- und illegale Stichwaffen.

„Ich bin mit den Kontrollen und deren Ergebnis sehr zufrieden. Sie waren absolut notwendig“, sagte Innenminister Jambon in einem Interview mit dem flämischen Nachrichtensender VTM Nieuws. ,,Wir werden die Aktion evaluieren und daraus unsere Schlüsse ziehen, wie wir sie noch effizienter organisieren können.“

„Es sind Terroristen darunter“

Außer mit Europol hatten die Belgier bei der ersten Großkontrolle dieser Art auch mit Interpol zusammengearbeitet. Die Papiere der Passagiere und deren Daten wurden über die Datensysteme von Europol und Interpol sowie das belgische Passenger-Name-Record-System (PNR) überprüft.

Nach Angaben von Innenminister Jambon sorgten die nun anlaufenden Kontrollen für mehr Sicherheit: „Denn wir wissen, dass auch islamistische Terroristen mit diesen Bussen reisen.“

Tatsächlich waren etwa der Tunesier Anis Amri sowie Mehdi Nemmouche, ein gebürtiger Franzose mit algerischem Migrationshintergrund, nachweislich unter anderem in solchen Bussen unterwegs. Amri war jener Terrorist des Islamischen Staates (IS), der im Dezember einen von ihm gekaperten Lkw in den Berliner Weihnachtsmarkt bei der Gedächtniskirche fuhr, wobei zwölf Menschen starben und etwa 55 teils schwer verletzt wurden. Nach der Tat fuhr Amri teils in Langstreckenbussen, teils in Zügen über Deutschland, die Niederlande, Belgien und Frankreich bis Mailand, wo er von einer Polizeistreife zufällig kontrolliert wurde, zur Waffe griff und in Notwehr erschossen wurde.

Passagierlisten übermitteln

Nemmouche ist jener Islamist, der im Mai 2014 im jüdischen Museum in Brüssel vier Menschen mit einer Kalaschnikow erschoss. Er wurde wenige Tage später am Busbahnhof von Marseille in einem aus Amsterdam via Brüssel kommenden Bus verhaftet.

Künftig soll wie beschlossen auch in Zügen wieder verstärkt kontrolliert werden. Mit Holland und Deutschland wurde vereinbart, dass Belgien von diesen Nachbarländern Passagierlisten bekommt, soweit das möglich ist.

AUF EINEN BLICK

In Langstreckenbussen und Zügen,die in Belgien ankommen oder das Land durchfahren, wird fortan verstärkt und besonders streng kontrolliert. Man weiß nämlich schon seit Langem, dass diese Beförderungsmittel gern auch von Kriminellen und Terrorverdächtigen, ja sogar Terroristen benützt werden und man darin oft Drogen, Waffen und Diebesgut findet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2017)

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