Paraguay: Ein Raubüberfall wie eine Militäraktion

Spurensuche: Die Polizei nimmt das zerstörte Gebäude der Sicherheitsfirma Prosegur in der Stadt Ciudad del Este unter die Lupe.
Spurensuche: Die Polizei nimmt das zerstörte Gebäude der Sicherheitsfirma Prosegur in der Stadt Ciudad del Este unter die Lupe.(c) imago/Fotoarena (Christian Rizzi)
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Vier Tote, mehrere Explosionen, brennende Autos und eine Millionenbeute: Ein Überfall auf eine Geldtransportfirma in Paraguay wurde bis ins letzte Detail geplant und brutal durchgeführt.

Asunción. In einem Hollywood-Actionfilm würde man solche Szenen für reichlich übertrieben halten. Doch Bewohner von Paraguays zweitgrößter Stadt, Ciudad del Este, erlebten all das in den frühen Morgenstunden des Dienstags live: Knapp 60 schwer bewaffnete Männer lieferten sich stundenlange Feuergefechte mit der Polizei, steckten an mehreren Stellen in der Stadt Fahrzeuge in Brand und griffen das lokale Regierungsgebäude sowie das Polizeipräsidium an – nur, um von einem großen Raubüberfall auf das Lager eines Geldtransportunternehmens abzulenken. Knapp 37 Millionen Euro soll die Bande erbeutet haben. Die Polizei Paraguays spricht von einem „Jahrhundertraub“.

Was war in Ciudad del Este, einer Schmugglerhochburg im Dreiländereck Paraguay, Brasilien und Argentinien, im Morgengrauen geschehen? Ziel der Bande war das Lager des Unternehmens Prosegur, das Transporte von Bargeld und Wertgegenständen abwickelt.

Zuerst dürfte sich die Bande durch die Zündung von mehreren Sprengsätzen Zugang zum gesicherten Depot der Firma verschafft und knapp 37 Millionen Euro erbeutet haben. Ein Sprecher von Prosegur wies diese Berichte zwar zurück, konnte oder wollte aber keine weiteren Angaben zur Beute machen. Der vordere Teil des Firmengebäudes wurde in Schutt und Asche gelegt. Danach lieferten sich die Bandenmitglieder ein zwei Stunden lang dauerndes Feuergefecht mit der Polizei. Ein Beamter wurde dabei getötet, weitere fünf Menschen wurden verletzt.

Flucht per Motorboot

Und dann setzte an verschiedenen Orten der Stadt zeitgleich ein riesiges Ablenkungsmanöver ein, um die Flucht mit der Millionenbeute zu ermöglichen: Weitere Bandenmitglieder griffen mit Sturmgewehren das lokale Polizeipräsidium sowie das regionale Regierungsgebäude an. Mehr als ein Dutzend Fahrzeuge gingen in Flammen auf.

Und damit noch nicht genug: Auf der Flucht streuten die Täter Tausende sogenannte Krähenfüße, um die Fahrzeuge der Verfolger lahmzulegen. Die Flucht setzte die Bande dann mit Motorbooten über den Fluss Paraná ins Nachbarland Brasilien fort.

Die brasilianische Polizei stieß einige Stunden später bei Itaipulandia, 50 Kilometer nördlich von Ciudad del Este, auf eine kleine Gruppe der Täter. Bei einem Schusswechsel wurden drei Verbrecher getötet und weitere vier festgenommen. Paraguays Staatschef, Horacio Cartes, ordnete den Einsatz des Militärs bei der Verfolgung der Räuber an.

Laut Innenministerium hatten die Behörden Informationen über die Planung eines großen Überfalls erhalten, kannten aber weder das Ziel noch den Zeitpunkt. Bei den Tätern dürfte es sich um eine berüchtigte brasilianische Verbrecherbande handeln: Primeiro Comando da Capital (Erstes Kommando der Hauptstadt). Die Polizei fand wenige Kilometer vom Tatort entfernt fünf verlassene Autos mit brasilianischer Zulassung, in denen sich Waffen und Sprengstoff befanden.

Die kriminelle Vereinigung agiert von Brasiliens Metropole São Paulo aus, dominiert aber in vielen Regionen – anscheinend über die Landesgrenzen hinaus – den Drogenhandel. Ob der kaltblütige Überfall in Ciudad del Este nur der Geldbeschaffung gedient hat oder auf einen Machtkampf um die Kontrolle des Drogenbusiness hindeutet, war zunächst unklar. (zoe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2017)

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