Entschädigung: Frau musste Sitzplatz für orthodoxen Juden wechseln

Orhodoxe Juden vor einem Schalter der El Al
Orhodoxe Juden vor einem Schalter der El AlBLOOMBERG
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Da ein Jude im Flugzeug nicht neben einer Frau sitzen wollte, bekam die Holocaust-Überlebende einen anderen Sitzplatz zugewiesen. Nun muss die israelische Fluglinie wegen Diskriminierung 1600 Euro zahlen.

Weil ein strengreligiöser jüdischer Mann im Flugzeug nicht neben einer Frau sitzen wollte, wechselte diese, übrigens eine Holocaust-Überlebende, auf Bitte der israelischen Fluglinie El Al ihren Platz. Das hat nun Folgen: Wegen illegaler Diskriminierung muss El Al der Frau nun rund 1600 Euro Entschädigung zahlen. Dies entschied ein Gericht in Jerusalem, wie israelische Medien am Donnerstag berichteten.

"Unter wirklich keinen Umständen kann ein Mitglied der Besatzung einen Passagier bitten, sich umzusetzen, nur weil der Sitznachbar aufgrund des Geschlechtes nicht neben ihm sitzen will", sagte die Richterin laut der "Times of Israel". "Dieser Grundsatz ist ein direkter Verstoß gegen das Gesetz gegen Diskriminierung."

Die "New York Times" hatte im Februar 2016 berichtet, dass die damals 81-jährige Dame namens Renée Rabinowitz, die vor ihrer Pension Rechtsanwältin gewesen war, in der Businessklasse von New York nach Tel Aviv geflogen sei. Ein ultraorthodoxer Jude habe den Sitzplatz neben ihr bekommen, jedoch aus Glaubensgründen deswegen einen Aufstand gemacht. Ein Flugbegleiter habe der Frau einen "besseren" Platz einige Reihen entfernt angeboten. Sie habe darauf zugestimmt, wenngleich widerwillig. Später machte sie die Sache gerichtsanhängig.

Eine Sprecherin von El Al sagte, die Fluglinie habe bei "Sitzproblemen" vergleichbarer Art grundsätzlich die Vorgabe, für denjenigen Passagier einen anderen Platz zu finden, der unzufrieden sei - nicht aber für dessen Sitznachbarn. Also hätte sich eigentlich der Ultraorthodoxe entfernen müssen. Man werde, so die Sprecherin, diese Regel den Mitarbeitern noch einmal erklären müssen.

Vorfälle dieser Art offenbar nicht selten

Solche Vorfälle scheinen übrigens nicht selten zu sein: Erst im Februar etwa verwandelte eine Gruppe von rund zehn orthodoxen Juden ein Flugzeug von "EasyJet" von Tel Aviv nach London zu einem, laut britischen Zeitungen, "absoluten Tollhaus": Auch hier war der Grund, dass sie nicht neben Frauen sitzen wollten. Sie schrien demnach herum, verstellten den Gang, belästigten Passagiere, beleidigten die Flugbegleiter und drückten, nachdem man ihnen "passende" Sitze zugewiesen hatte, zahllose Male auf die Knöpfe, mit denen man Flugbegleiter zu sich ruft.

Nach der Landung wurde das Aussteigen von Polizisten überwacht. Als der Captain nach der Landung per Kabinenfunk durchgab, dass die Polizei warte, sei es schlagartig ruhig in der Maschine geworden und es habe keine Probleme beim Aussteigen gegeben.

Bilder eines ähnlichen Vorfalls auf einem Flug New York nach Tel Aviv, September 2014
Bilder eines ähnlichen Vorfalls auf einem Flug New York nach Tel Aviv, September 2014privat (Amit Natan/Ynetnews.com)

Die New York Times schrieb im April 2015 von ähnlichen Umtrieben in einem Flug New York - London und erwähnte grundsätzlich eine stark steigende Zahl von Beschwerden wegen des Verhaltens orthodoxer Juden in öffentlichen Verkehrsmitteln wie Flugzeugen. Es habe deswegen sogar schon Online-Petitionen gegen solche Umtriebe gegeben.

Ängste vor Antisemitismusvorwurf hemmen Widerspruch

Es finden sich in medialen Quellen allerhand Berichte zu diesem Thema. Es heißt auch oft, dass sich belästigte, speziell nichtjüdische Fluggäste meist schwer tun, Kritik zu äußern oder sich der Bitte bzw. Aufforderung, sich anderswo hinzusetzen, zu widersetzen: Man fürchte nämlich, diesfalls als Antisemit beschimpft zu werden.

(dpa/red.)

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