Niederländische Häftlinge sollen Verbrecher suchen

APA/AFP/EMMANUEL DUNAND
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Die niederländische Polizei will mehr als 1000 alte Fälle lösen - und setzt auf die Hilfe von Insassen: Sie verteilt Cold-Case-Kalender an alle Gefängnisse im Land.

Niederlandes 300.000 Häftlinge bekommen eine neue Zellendekoration - die noch dazu der Polizei helfen soll: Die Behörden verteilen sogenannte Cold-Case-Kalender, in denen jede Woche ein anderer ungelöster Fall behandelt wird. Jede der 52 Seiten ist mit einem Foto einer vermissten oder ermordeten Person und Informationen zu den alten Kriminalfällen illustriert.

Mit der Initiative erhofft sich die Polizei Aufklärung für die rund 1500 Cold Cases im Land seit 1988. Darunter etwa 1000 ungeklärte Mordfälle und Fälle von Vergewaltigung, Raub und Brandstiftung. Nach einer fünfmonatigen Testphase in fünf von 29 niederländischen Gefängnissen in diesem Jahr hat die Polizei 160 Hinweise erhalten, die zur Aufrollung von drei Cold Cases geführt hat.

"Natürlich gibt es Leute, die keinen Kalender haben wollen und nicht als Verräter gesehen werden wollen", erklärte der Erfinder des Kalenders Jeroen Hammer. Doch zwei Drittel der Häftlinge erachteten das Projekt als gute Idee. Wohl auch, weil die Helfer eine saftige Belohnung erhalten. Insgesamt liegen 800.000 Euro Belohnung für Hinweise, die zur Aufklärung beitragen, bereit: 10.000 Euro für Vermisstenfälle, 15.000 Euro bei Mord, 20.000 für Hinweise in einem besonders schweren Mordfall. Um die Erfolgsrate zusätzlich zu steigern, werden die Kalender auf Holländisch, Arabisch, Spanisch, Englisch und Russisch verteilt.

Die Idee dahinter: Oft erzählen Täter Bekannten von ihren Taten. Häftlinge könnten daher wertvolle Hinweise zur Verfügung stellen. In zehn Prozent der Fälle lieferten Häftlinge die entscheidende Information zur Aufklärung eines Falls, berichtet die "Welt". Zudem setzt die Polizei darauf, dass Zeugen, etwa Angehörige, Freunde oder Nachbarn, mit der Zeit ihre Hemmungen verlieren, sich bei der Polizei zu melden. Oft scheuten Nahestehende aus Loyalität zurück, die Täter anzuzeigen. Auch die Fortschritte in der Forensik spielen mit: Benötigte man früher einen großen Tropfen Blut für DNA-Analysen, reichen heute kleine Hautfetzen.

>>> Bericht im "Guardian".

>>> Bericht in der "Welt".

(red.)

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