Plädoyers: Anklage sieht Zschäpe als NSU-Mittäterin überführt

Beat Zschäpe in Mitten ihrer Anwälte Mathias Grasel (re) und Hermann Borchert
Beat Zschäpe in Mitten ihrer Anwälte Mathias Grasel (re) und Hermann BorchertAPA/AFP/dpa/PETER KNEFFEL
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Die Verteidiger verzichten auf weiteren Befangenheitsantrag, damit starten die Plädoyers im NSU-Prozess. 22 Stunden sind dafür anberaumt.

Die deutsche Bundesanwaltschaft sieht die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe im NSU-Prozess als Mittäterin überführt. Mit der Beweisaufnahme habe sich die Anklage in objektiver wie in subjektiver Hinsicht in allen Punkten im Wesentlichen bestätigt, sagte Bundesanwalt Herbert Diemer am Dienstag in seines Plädoyer vor dem Oberlandesgericht München.

Zschäpe sei "Mittäterin" bei den zehn Morden, zwei Bombenanschlägen und den weiteren Taten des NSU. Diemer gab diese Einschätzung zu Beginn des Plädoyers der Bundesanwaltschaft, das über 22 Stunden an mehreren Prozesstagen gehalten werden soll. Das Motiv für die Terrorserie des NSU sei die "rechtsextreme Ideologie" von Zschäpe sowie ihrer Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gewesen. "Die Täter, Hoher Senat, waren Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe", sagte Diemer.

Zschäpe ist der Mittäterschaft bei den zehn Morden, zwei Bombenanschlägen und fünfzehn Raubüberfällen des NSU angeklagt, obwohl es keine Beweise gibt, dass sie eine der Taten selbst ausgeführt hat. Nach Auffassung der Anklage wären die Taten ohne ihre Rolle als "Tarnkappe" für das jahrelange Leben im Untergrund des Trios aber nicht möglich gewesen. Bei einer Verurteilung droht der heute 42-Jährigen einer lebenslange Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung.

Diemer ging zu Beginn seines Plädoyers auch auf Kritik am NSU-Prozess ein. Es sei "unzutreffend, wenn immer noch kolportiert wird, der NSU-Prozes habe seine Aufgaben nur unzureichend erfüllt". Mögliche Fehler staatlicher Behörden aufzuklären sei eine Aufgabe politischer Gremien. Anhaltspunkte für eine strafrechtliche Verstrickung staatlicher Stellen seien im Ermittlungsverfahren nicht aufgetreten.

"Anderes zu behaupten verunsichert die Opfer, verunsichert die Bevölkerung", sagte Diemer zu anhaltenden Spekulationen über ein über das NSU-Trio hinausgehendes rechtsextremes Netzwerk. Die Anklage hält auch die Vorwürfe gegen die vier mitangeklagten mutmaßlichen NSU-Helfer für im Wesentlichen bestätigt.

Plädoyers konnten beginnen

Mehr als vier Jahre hatte der Prozess gedauert, ehe die Plädoyers nun vorgebracht werden konnten. Die Verteidigung von Zschäpe hatte auf einen neuen Befangenheitsantrag verzichtet hatte.

Die Bundesanwaltschaft hatte angekündigt, etwa 22 Stunden für ihren Schlussvortrag zu brauchen. Vorgesehen sind dafür mehrere Prozesstage. Das Urteil im Prozess gegen Zschäpe und vier Mitangeklagte wird im Herbst erwartet.

Am Dienstagvormittag hatte das Oberlandesgericht zunächst die Anträge der Verteidigung auf Aufzeichnung des Plädoyers der Bundesanwaltschaft abgelehnt. Weder dem Wunsch nach einer Tonbandaufnahme noch dem Wunsch nach einer Aushändigung des Manuskripts oder einer Protokollierung werde gefolgt, teilte Götzl mit.

(APA/AFP)

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