China: Spielkoje in Kaufhäusern soll Hausfrieden sichern

(c) REUTERS (Aly Song)
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In einer „Ich warte auf dich“-Kabine können sich Männer in Shanghai während der Einkaufstour ihrer Frauen die Zeit vertreiben.

Wien/Shanghai. Wenn einkaufswütige Frauen von einem Geschäft zum anderen spurten, um sich die neuesten Schnäppchen unter die Nägel zu reißen, kann der Shoppingbummel für den männlichen Anhang zu einer Odyssee werden. Während viele Kaufhäuser eigene Spielbereiche für Kinder eingerichtet haben, mussten sich Erwachsene bis jetzt mit mehr oder weniger bequemen Sesseln in den Geschäften begnügen.

Ein chinesisches Unternehmen hat dieser Misere ein Ende gesetzt. „Man Pod“ oder „Ich warte auf dich“-Kabine heißt die Erfindung für Männer, die lieber Retrospiele aus den 1990er Jahren spielen, als ihre Partnerinnen beim Einkaufen zu begleiten. Ausgestattet sind die kleinen Kojen mit einem großen Bildschirm, einem Computer, einem Gamepad und einem Sessel mit integrierter Massagefunktion. Bisher bieten zwei Einkaufszentren in Shanghai, darunter das bekannte „Global Harbor“, vier Kabinen an.

Der Hersteller spricht bereits von einem Erfolg. Seit Beginn der Aktion Mitte Juni hätten 1000 Männer das Gerät benutzt. Wenn am Wochenende unzählige chinesische Familien in die Einkaufszentren strömen, sei die Nachfrage besonders hoch, sagte der Manager der Herstellerfirma, Wei Pengfei, der „Süddeutschen Zeitung“. Dann bildeten sich sogar Warteschlangen vor den Automaten. Einige Spieler – manche von ihnen kämen extra wegen der „Man Pods“ in die Shoppingzentren – blieben bis zu zwei Stunden.

Chinesinnen noch skeptisch

Mit den Kabinen werde aber nicht nur die Spiellust der Männer gestillt. Die Boxen könnten auch den Hausfrieden bewahren, meinte Wei: Männer würden beim Einkaufen schnell ungeduldig, manchmal käme es sogar zum Streit. „Ich mag es nicht so gerne, meine Freundin beim Einkaufen zu begleiten“, erzählte ein Shanghaier der Lokalzeitung „The Paper“. Bisher sei er ins Kino gegangen, habe sich etwas zu essen geholt oder am Handy gespielt. Wenn er sich nun mit Videospielen die Zeit vertreibe, könnten beide Seiten den Gang ins Einkaufszentrum genießen.

Doch es gibt auch kritische Stimmen: Ohne Klimaanlage oder Belüftung werde es schnell zu heiß, erzählten Spieler. Andere sind mit der Handhabung nicht zufrieden. Das Gamepad sei nicht flexibel genug, da werde er schnell aufgebracht, meinte ein Mann. Zumindest gegen die Hitze will der Hersteller etwas unternehmen: In die neuen Anlagen sollen Klimaanlagen eingebaut werden.

Zwar blieben ihnen ungeduldige Aufforderungen, wie „Beeil dich!“ oder „Ich will nach Hause.“ erspart, meinten Frauen im Gespräch mit dem chinesischen Blatt. Sie bleiben aber skeptisch. „Warum kommen Männer überhaupt zum Einkaufen mit?“, fragte eine selbstbewusste Shanghaierin. „Natürlich, um Taschen zu tragen oder das GPS zu bedienen, wenn man sich verirrt.“ Dass einige Kundinnen wegen der „Ich warte auf dich“-Kabinen nach dem Einkaufen auf ihre Männer warten mussten, sorgte für zusätzlichen Unmut.

Bezahlsystem geplant

Diesem Problem dürfte jedoch bald Abhilfe verschafft werden: Bisher durften Interessierte die Kabinen gratis verwenden. Demnächst will die Firma aber je nach Spieldauer Geld von den Konsumenten verlangen.
Mit dem immer kauffreudigeren chinesischen Publikum erhofft sich der Hersteller eine große Nachfrage nach den „Man Pods“. Zehn weitere Einkaufszentren in Shanghai seien interessiert. Ob sich der Trend in Europa genauso wie im technikaffinen China durchsetzen wird, wo sich vom Einkaufen müde Kunden auch in kleinen Karaokekabinen vergnügen können, ist fraglich.

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