Wirbelsturm Irma verbreitet Schrecken in der Karibik

Auch im US-Bundesstaat Florida bereitet man sich auf Irma vor. Die Ankunft des Wirbelsturms wird am Freitag erwartet.
Auch im US-Bundesstaat Florida bereitet man sich auf Irma vor. Die Ankunft des Wirbelsturms wird am Freitag erwartet. (c) imago/ZUMA Press
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Hurrikan Irma ist der stärkste, der sich jemals über dem Atlantik gebildet hat, es gibt erste Todesopfer. Wetterforscher befürchten riesige Sturmfluten auf den Antillen, mehrere Bahamas-Inseln wurden geräumt.

Noch ehe seine Zerstörungskraft auf Land traf, übertraf dieser Hurrikan bereits sämtliche meteorologischen Rekordmarken: Irma ist der stärkste Wirbelsturm, der sich jemals auf dem offenen Atlantik bildete. Die ersten Menschen, die Irmas schiere Gewalt zu spüren bekamen, leben auf Barbuda, der westlichsten Insel auf dem Antillenbogen zwischen Atlantik und karibischer See.

Kurz vor zwei Uhr früh zog der Hurrikan von Süden her über die Insel, deren Bewohner sich in ihren Häusern und einigen Schutzunterkünften verkrochen hatten. Viele davon, ohnmächtig der Naturgewalt ausgeliefert, suchten ihr Heil in Gebeten. Am Morgen danach war das Ausmaß der Schäden noch nicht klar, denn die Kommunikation zur Hauptinsel Antigua war unterbrochen. Bekannt wurde gleichwohl, dass Irma viele Dächer abdeckte, darunter auch das der Polizeistation, die von den heftigen Regenfällen überflutet wurde. Über menschliche Opfer auf Barbuda gab es zunächst keine verlässlichen Informationen.

Auf den französischen Karibikinseln Saint-Barthelemy und Saint-Martin soll es erhebliche Schäden geben, auch zwei Todesfälle soll es gegeben haben. Mindestens zwei weitere seien schwer verletzt worden, teilte die französische Regierung am Mittwochabend mit. Überseeministerin Annick Girardin machte deutlich, dass sich diese Bilanz noch ändern könne.
Sie kündigte an, noch am Abend auf die französische Karibikinsel Guadeloupe zu reisen.

Das „National Hurricane Center“ der USA mit Sitz in Miami meldete zum Zeitpunkt von Irmas erstem Landgang Windgeschwindigkeiten von 185 Meilen pro Stunde. Das entspricht fast 300 Stundenkilometern, weswegen die Wetterbehörden ihn als „Stufe 5-Hurrikan“ einordnen. Das ist die höchste, die zerstörerische Kategorie. „Destruction guaranteed“, sagte ein Meteorologe im US-Fernsehsender CNN.

„Garantierte Zerstörung“

Auf eine „garantierte Zerstörung“ müssen sich nun die nördlichen kleinen Antillen einstellen. Dann dürfte Irma entlang der Nordküsten von Puerto Rico und der Insel Hispaniola, die sich die Dominikanische Republik und Haiti teilen, entlang ziehen. Besonders ängstigen müssen sich die etwa 45.000 Bewohner der britischen Turks- und Caicosinseln sowie die 380.000 Menschen auf den Bahamas.

Beide Inselgruppen liegen mitten auf Irmas Route, die nordamerikanische und europäische Meteorologen berechnet haben. Dort befürchten die Wetterforscher heftige Sturmfluten und den Anstieg des Wasserspiegels um sechs Meter. Obwohl die meteorologischen Berechnungsmöglichkeiten in den letzten Jahren erheblich verbessert wurden, können die Computermodelle nordamerikanischer und europäischer Institute den Weg des Hurrikans nicht genau voraussagen. Noch ist etwa nicht klar, ob und wenn in welchem Ausmaß der Sturm die größte Antilleninsel Kuba treffen wird. Nach den Recherchen des US-Senders NBC kamen die genauesten Sturmprognosen der vergangenen Jahre nicht aus den USA, sondern vom in Großbritannien ansässigen „European Center for Medium-Range Weather Forecasting“, das seine Analyse auf der Basis von Berechnungen erstellt, die das gesamte Weltwetter gleichzeitig erfassen.

Unstrittig ist, dass Irma seine verheerende Kraft aus dem außergewöhnlich warmen Westatlantik bezieht. Bis in 80 Meter Tiefe sind dessen Gewässer wärmer als 26 Grad Celsius, erklärt Jeff Masters, Chef-Meteorologe des privaten Wetterdienstes Weather Underground. 26 Grad gelten als die kritische Marke für die Bildung tropischer Wirbelstürme.

„Noch nie zuvor waren wir in derart großer Gefahr“, warnte Ricardo Rossello. Der Gouverneur von Puerto Rico hatte im April die Zahlungsunfähigkeit seines Gemeinwesens erklären müssen. Nun droht weitereres teures Ungemach: „Ein großer Teil der Infrastruktur wird den Kräften des Sturms nicht standhalten können, befürchtet Rosello. Das größte und einwohnerreichste der Außengebiete der Vereinigten Staaten von Amerika, war trotz seiner exponierten Lage zwischen Atlantik und karibischer See seit 1928 von massiven Hurrikans verschont geblieben. Damals hatte der San Felipe-Sturm insgesamt 2748 Menschenleben gefordert. Ein Teil dieser Personen starb damals in Florida, dem US-Staat, der Ende der Woche Opfer von Irma werden dürfte, darin sind sich die meisten Meteorologen einig.

Größte Evakuierung aller Zeit

Auch wenn noch nicht klar ist, ob Irma bis dahin weiter Kraft tanken oder doch verlieren wird, haben die US-Behörden Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Der Gouverneur von Florida bat 7000 Nationalgardisten, sich ab Freitag bereitzuhalten, wenn der Sturm die US-Küste erreichen könnte. Präsident Donald Trump erklärten den Ausnahmezustand in Florida, Puerto Rico und den US-Jungferninseln.

Die Regierung der Bahamas ließ gar sechs Inseln komplett räumen. Nach Angaben des Premierministers Hubert Mininis startete seine Regierung angesichts der „potenziellen Katastrophe“ die größte Evakuierungsaktion der Landesgeschichte. Den Bürgern, die dem Ausruf der Behörden nicht folgen wollten, sagte der Premier: „Der Preis, den Sie zahlen werden, ist Ihr Leben oder mindestens ein ernsthafter Schaden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2017)

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