Malta: "Politischer Mord" an Aufdeckerin

Die Überreste von Galizias Peugeot. Die maltesische Journalistin wurde getötet.
Die Überreste von Galizias Peugeot. Die maltesische Journalistin wurde getötet.(c) REUTERS (DARRIN ZAMMIT LUPI)
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Daphne Galizia berichtete über die Panama-Papers. Ihr Auto detonierte vor ihrem Haus.

Valletta. Auf ihrem politischen Blog war Daphne Caruana Galizia alles andere als zurückhaltend. Ihr letzter Beitrag betrifft den Stabschef des maltesischen Regierungschefs, „den Betrüger Keith Schembri, der vor Gericht angab, kein Betrüger zu sein“. Galizia waren vielen ein Stachel im Fleisch: Politikern, Beamten, Unternehmern. Feinde hatte sie viele, erreichten ihre Blogeinträge zeitweise doch mehr Leser als alle Zeitungen auf der Insel.

Am Montag explodierte der Peugeot von Galizia nahe ihrem Haus in Mosta, kurz nachdem sie eingestiegen war. Auf Facebook schilderte ihr Sohn, wie er nach der Detonation auf die Straße rannte: „Ich schaute nach unten, und überall lagen Leichenteile meiner Mutter.“ Sie sei ermordet worden, weil sie zwischen dem Gesetz und den Gesetzesbrechern stand, so Matthew Caruana Galizia weiter. „Das passiert, wenn staatliche Institutionen nicht mehr funktionieren.“ Die Regierung in Valletta habe lange Zeit versucht, seine Mutter einzuschüchtern.

Wie der Sohn, war auch die Mutter als investigative Journalistin tätig. Daphne Galizia brachte mit internationalen Kollegen die als Malta-Files bekannten Dokumente ans Tageslicht, die bezeugen, wie sich Konzerne steuersparend auf der Insel ansiedelten. Die Malta-Files hängen mit den Panama-Papers zusammen: Auch hier haben Journalisten verschiedener Medien im April 2016 aufgedeckt, wie Politiker und bekannte Persönlichkeiten über Briefkastenfirmen Steuerschlupflöcher in Panama ausgenutzt oder gar Geldwäsche betrieben haben.

Vorwürfe an Regierungschef

Der sozialdemokratische Premier, Joseph Muscat, sprach von einer „barbarischen Attacke“ und versprach Aufklärung mithilfe des FBI. Er selbst wurde von Galizia oft scharf kritisiert, zumal Muscats enger Familienkreis in den Malta-Files auftauchte und er deswegen vorgezogene Neuwahlen ausrufen musste. So soll Muscats Ehefrau über verschiedene Kanäle Geld von aserbaidschanischen Regierungskreisen erhalten und maltesische Pässe verkauft haben. Zu den Korruptionsvorwürfen sagte Muscat einst, sie seien „die größte Lüge in der politischen Geschichte Maltas“. Bei den vorgezogenen Neuwahlen heuer im Juni konnte Muscat die absolute Mehrheit jedoch halten.

Von einem „politischen Mord“ und einem Zusammenbruch des Rechtsstaates sprach der konservative Oppositionspolitiker Adrian Delia. Galizia nahm auch sein Wirken regelmäßig unter die Lupe.

Todesdrohungen erhalten

Galizia war seit den späten 1980er-Jahren als Journalistin für verschiedene maltesische Zeitungen tätig. Immer wieder wurde die dreifache Mutter geklagt, nach den internationalen Enthüllungen war ihre Expertise gefragt. Im Europaparlament sagte sie im Untersuchungsausschuss zu Geldwäsche und Steuerbetrug aus. Rund zwei Wochen vor dem Anschlag wandte sich Galizia lokalen Medienberichten zufolge an die Polizei. Grund: Sie erhielt Todesdrohungen. Bekannt hat sich zu dem Attentat bislang niemand. Am Montagabend hielten mehrere Tausend Menschen in Sliema nördlich von Valletta eine Mahnwache ab. (duö/ag.)

ZUR PERSON

Daphne Caruana Galizia. Die Malteserin war seit den späten 1980er-Jahren als Journalistin tätig, sie deckte unter anderem die „Malta Files“ auf. Die dreifache Mutter wurde durch eine Autobombe getötet. [ Reuters ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2017)

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