Ägypten: Massaker an Polizeieinheit

Auf der Wüstenstraße vom Niltal in die Touristenoase Bahariya westlich des Niltales geriet ein Konvoi von Polizisten 135 Kilometer von Kairo entfernt in einen Hinterhalt.
Auf der Wüstenstraße vom Niltal in die Touristenoase Bahariya westlich des Niltales geriet ein Konvoi von Polizisten 135 Kilometer von Kairo entfernt in einen Hinterhalt.(c) APA/AFP/MOHAMED EL-SHAHED
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Mindestens 59 Polizisten, darunter zwei Generäle, starben, als Unbekannte in der westlichen Wüste einen Polizeikonvoi überfielen.

Kairo. Ägypten erlebte am Wochenende den blutigsten Terrorangriff auf seine Polizei in der jüngeren Geschichte: Auf der Wüstenstraße vom Niltal in die Touristenoase Bahariya westlich des Niltales geriet ein Konvoi von Polizisten 135 Kilometer von Kairo entfernt in einen Hinterhalt. Während der stundenlangen Gefechte, bei denen die Angreifer von einer Anhöhe aus auch Panzerfäuste einsetzten, starben mindestens 59 Polizisten, darunter zwei Generäle und 21 höhere Offiziere. Angeblich ging den überraschten Beamten die Munition aus. Mehrere von ihnen wurden noch lebend gefangen und umgebracht. 15 Angreifer starben.

Auch wenn offizielle Stellen das herunterzuspielen versuchten und nur von 16 toten Beamten sprachen, so zeigt die Tragödie, dass dem Regime auf beiden Seiten des Niltals, also nicht nur im Osten auf dem Nordsinai, sondern auch im Westen in der Wüstenregion zu Libyen, die Kontrolle zunehmend entgleitet. Die Kolonne war nach Angaben des Innenministeriums von Kairo losgefahren, nachdem die Behörden einen offenbar falschen Tipp über ein Versteck von Terroristen in der Westwüste erhalten hatten. In der Gegend von Al-Wahat verließ der Konvoi die vierspurige Teerstraße und fuhr etwa 15 Kilometer tief in das sandige Gelände, als der Angriff begann. Das Militär seinerseits hatte von der Operation der polizeilichen Anti-Terror-Einheiten keine Kenntnis. Diesen gelang es nach Angaben der BBC wegen des schlechten Mobilfunknetzes abseits der Hauptstraße zunächst nicht, Hilfe anzufordern. Aus einem später aufgezeichneten Handygespräch, das im Internet kursiert, geht hervor, dass vier Überlebende mit ihrem Geländeauto lange hilflos durch den Sand irrten und sich nicht orientieren konnten. Offenbar waren die aus der Hauptstadt herangeführten Beamten mit dem Gelände nicht vertraut und hatten keine grundsätzliche Wüstenerfahrung.

IS wirbt unter politischen Häftlingen

Präsident Abdel Fattah al-Sisi sagte am Samstag nach der 75-Jahr-Feier zum Gedenken der Schlacht von El-Alamein alle weiteren Termine ab. Bisher bekannte sich niemand zu der Mordaktion. Auf dem Nordsinai herrscht längst ein regelrechter Krieg zwischen der Armee und Anhängern des IS. Erst vor einer Woche griffen über 100 IS-Kämpfer einen Außenposten nahe der Stadt Sheikh Zuwaid an, sechs Soldaten und 24 Militante starben. Angeblich rekrutierte der IS seit einiger Zeit gezielt unter den etwa 60.000 politischen Gefangenen in Ägypten bzw. solchen, die wieder freigelassen wurden. (m. g.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2017)

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