Macht die Politik so weiter, wird das nichts mit den Klimazielen

Symbolbild: Die Temperatur steigt
Symbolbild: Die Temperatur steigtAPA/BARBARA GINDL
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"Hurrikans, Dürren und Überschwemmungen machen es noch dringender, baldigst zu handeln", warnen Experten im "Emissions Gap Report". Und sie zeigen Wege, kostengünstig CO2 einzusparen.

Die Ziele des Pariser Klimaabkommens werden bei Weitem nicht erreicht, wenn alle Länder wie bisher weitermachen. Selbst bei Einhaltung aller bereits vorgelegten Klimaschutzziele wird sich die Erdtemperatur laut UNO-Umweltprogramm (UNEP) um mindestens drei Grad erhöhen im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung. Das geht aus dem am Dienstag in Genf vorgestellten "Emissions Gap Report" hervor.

In Paris hatten die Staaten vereinbart, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, auf jeden Fall aber auf deutlich unter zwei Grad. "Es besteht dringend Bedarf, die kurzfristigen Maßnahmen zu beschleunigen und die langfristigen Ziele ehrgeiziger zu gestalten", heißt es im UNEP-Report. Das Ziel von höchstens zwei Grad durchschnittlicher Erwärmung gilt als äußerste Grenze, um katastrophale Klimafolgen abzuwenden. Nach Angaben der Weltwetterorganisation (WMO) ist es bereits jetzt 1,2 Grad wärmer.

Viele Wissenschafter warnen schon bei plus 1,5 Grad bis Ende des Jahrhunderts vor für die Menschheit kaum tragbaren Folgen: Schmelzen der Eiskappen, Anstieg der Meeresspiegel, mehr Wetterextreme. Deshalb hatte sich die Weltgemeinschaft im Abkommen von Paris 2015 geeinigt, die Erderwärmung möglichst schon bei 1,5 Grad zu stoppen - das ist 0,3 Grad höher als derzeit.

2016 war das heißeste Jahr seit 1880

"Die alarmierende Zahl und Intensität der extremen Wetterlagen 2017, etwa die Hurrikans, Dürren und Überschwemmungen, machen es noch dringender, baldigst zu handeln", heißt es in dem Bericht. 2016 war das heißeste Jahr mindestens seit Beginn der Messungen 1880 und sogar das dritte Jahr in Folge, das den Rekord gebrochen hat.

Die gesamten Treibhausgasemissionen - neben Kohlendioxid (CO2) auch Methan und Distickstoffoxid - gingen laut UNEP 2016 leicht zurück. Sie entsprachen der Klimawirkung von 52,7 Gigatonnen (Gt) CO2. Im Jahr zuvor waren es noch 51,9 Gt CO2-Äquivalent. Eine Gigatonne entspricht etwa den Emissionen in der Europäischen Union durch den Verkehr, einschließlich Flugzeugen, in einem Jahr.

Der weltweite CO2-Ausstoß von nun 35,8 Gt sei in den vergangenen drei Jahren relativ stabil geblieben. Ein Teil der Stabilisierung komme durch den Ausbau der erneuerbaren Energien vor allem in China und Indien. Ein Grund zum Feiern sei dies aber nicht: Wenn weiter Kohlekraftwerke gebaut würden, könne der Ausstoß schnell wieder nach oben gehen.

"80 bis 90 Prozent der weltweiten Kohlereserven müssen im Boden bleiben, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen", so der Bericht. Würden alle 6.683 Kohlekraftwerke der Welt bis ans Ende ihrer geplanten Betriebszeit laufen, ergebe sich in der gesamten Zeit allein dadurch ein CO2-Ausstoß von geschätzt insgesamt 190 Gt CO2. Zähle man noch die in Bau befindlichen und die geplanten Kraftwerke hinzu seien es insgesamt allein durch Kohlenutzung 340 Gt.

Kostengünstige Wege, um CO2 zu sparen

Wenn das 1,5 Grad-Ziel erreicht werden soll, dürften im Jahr 2030 höchstens noch rund 37 Gigatonnen CO2-Äquivalent ausgestoßen werden. Bei Fortführung der heutigen Pläne dürfte der tatsächliche Ausstoß im Jahr 2030 aber 16 bis 19 Gigatonnen höher sein, berechneten die Klimaexperten. Wird eine Erwärmung bis zwei Grad in Kauf genommen, könnten im Jahr 2030 zwar 42 Gigatonnen ausgestoßen werden. Aber auch das Ziel würde bei den bisher versprochenen Anstrengungen um elf bis 13,5 Tonnen verfehlt.

Anders berechnet: Wenn das Klimaziel 1,5 Grad erreicht werden soll, wäre das CO2-Budget für den Rest des Jahrhunderts bei gleichbleibenden Klimaschutzzielen bereits bis 2030 zu 100 Prozent aufgebraucht, bei einem Zwei-Grad-Ziel zu 80 Prozent.

Der Report zeigt auch konkrete Wege, wie Länder kostengünstig CO2 einsparen können. Erneuerbare Energien, mehr Energieeffizienz, Aufforstung und Vermeidung von Waldzerstörung könnten mit geringen Kosten umgesetzt werden oder sogar Gewinne bringen.

(APA)

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