Frankreich: Innenminister beklagt "nie gekanntes Ausmaß" der Gewalt in Calais

REUTERS/Pascal Rossignol
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Nach einer Schlägerei in dem Flüchtlingslager in der französischen Hafenstadt schweben vier Menschen in Lebensgefahr. Die Situation für die Einwohner in Calais sei "unerträglich", sagt der französische Innenminister Collomb.

Nach schweren Auseinandersetzungen zwischen Migranten in Calais hat Frankreichs Innenminister Gerard Collomb ein "nie gekanntes Ausmaß" der Gewalt beklagt. Die Situation für die Einwohner der Hafenstadt am Ärmelkanal sei "unerträglich", sagte Collomb in der Nacht auf Freitag vor Journalisten. "Wir können nicht das Recht des Stärkeren in unserem Land herrschen lassen."

Collomb war nach den Zusammenstößen am Donnerstag nach Calais gereist. Bei mehreren Auseinandersetzungen zwischen afrikanischen und afghanischen Migranten waren um die 20 Menschen verletzt worden; vier Migranten schwebten nach Schussverletzungen in Lebensgefahr. Das Innenministerium hatte mitgeteilt, dass vermutlich ein Afghane auf eine Gruppe Eritreer geschossen habe. Wie es zu den Auseinandersetzungen kam, ist noch offen.

Zu den ersten gewaltsamen Zusammenstößen kam es nach Polizeiangaben am Nachmittag: Rund hundert Migranten aus Eritrea und rund 30 Afghanen gingen bei der Essensausgabe aufeinander los, nachdem ein Afghane Schüsse abgefeuert hatte. Der Hintergrund ist noch offen.

Eine zweite Schlägerei habe es kurze Zeit später fünf Kilometer weit entfernt auf einem Industriegelände gegeben. Dort hätten mehr als hundert Eritreer eine Gruppe von 20 Afghanen mit Eisenstangen und Stöcken angegriffen. Die Polizei musste nach eigenen Angaben dazwischengehen, um die Afghanen zu schützen.

Francois Guennoc von der Hilfsorganisation "L'Auberge des Migrants" verwies im Sender BFMTV darauf, dass afghanische Schlepper in Calais versuchen, für die Migranten wichtige Orte zu kontrollieren.

800 Migranten unter elenden Bedingungen

Zuletzt hatten in Calais im vergangenen November Migranten aufeinander geschossen, bei einem Streit unter Afghanen gab es damals fünf Verletzte. Anfang Juli 2017 waren 16 Menschen bei Zusammenstößen verletzt worden, im Juni 2016 erlitten 40 Menschen bei Schlägereien Verletzungen.

In Calais halten sich nach Schätzung von Hilfsorganisationen derzeit rund 800 Migranten auf, die örtlichen Behörden sprechen von bis zu 600 Flüchtlingen. Sie versuchen, versteckt auf Lastwagen auf dem Seeweg oder durch den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen. Sie leben unter elenden Bedingungen, weshalb es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen unterschiedlichen Nationalitäten kommt.

In einem improvisierten Flüchtlingslager, das 2016 von der Polizei abgerissen wurde, hatten zeitweise bis zu 10.000 Flüchtlinge in Calais gehaust. Das als "Dschungel" bekannte Lager war in Frankreich zum Symbol für die Hilflosigkeit der Behörden im Umgang mit der steigenden Zahl von Migranten geworden.

(APA/dpa/AFP)

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Warum es zu der Gewalt kam, blieb zunächst unklar. Innenminister Collomb kündigte an, nach den "schlimmen Vorfällen" noch am Donnerstagabend in die Hafenstadt am Ärmelkanal zu reisen.
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Massenschlägerei unter Flüchtlingen in Calais

Etwa 200 afghanische und afrikanische Flüchtlinge gingen in der Nähe des französischen Hafens Calais aufeinander los. Es gab mindestens 20 Verletzte.

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