Friedensnobelpreise an Vorkämpfer gegen sexuelle Gewalt überreicht

Reuters
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Die jesidische Aktivistin Murad und der kongolesische Gynäkologe Mukwege haben in Oslo den Friedensnobelpreis entgegengenommen. "Wir ehren heute zwei der stärksten Stimmen der Welt", sagte das Nobelkomitee.

Die Jesidin Nadia Murad (25) und der kongolesische Arzt Denis Mukwege (63) sind am Montag mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Die beiden nahmen im Rahmen einer gefühlsgeladenen Zeremonie im Osloer Rathaus ihre Medaille und ein Diplom entgegen. "Wir ehren heute zwei der stärksten Stimmen der Welt", sagte die Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen.

Der Gynäkologe Mukwege betreibt im Kongo ein Krankenhaus, in dem er Frauen hilft, die Opfer von systematischer sexueller Gewalt geworden sind. Die irakische Menschenrechtsaktivistin Murad wurde selbst gefangen gehalten und brutal missbraucht. Sie kämpft nun gegen die Versklavung ihrer jesidischen Glaubensschwestern durch die Terrormiliz Islamischer Staat.

"Denis Mukwege und Nadia Murad haben einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung dieser Art von Kriegsverbrechen geleistet, indem sie die Aufmerksamkeit auf die Leiden der Frauen im Irak, der Demokratischen Republik Kongo und überall sonst auf der Welt gelenkt haben, wo sexuelle Gewalt als Waffe eingesetzt wird", sagte Reiss-Andersen. Beide verdienten voll und ganz Alfred Nobels Friedenspreis.

"Heute ist ein besonderer Tag für mich", sagte Nadia Murad in ihrer Dankesrede. "Es ist der Tag, an dem das Gute über das Böse gesiegt hat, der Tag, an dem die Menschlichkeit den Terrorismus besiegt hat, der Tag, an dem die Kinder und Frauen, die Verfolgung erlitten haben, über die Täter dieser Verbrechen triumphiert haben." Doch der Friedensnobelpreis sei keine Entschädigung für ihr Volk, das nur wegen seines jesidischen Glaubens getötet worden sei.

Gäste brachen in Tränen aus

"Der einzige Preis, der unseren Leuten und unseren Freunden wieder ein normales Leben geben kann, ist Gerechtigkeit und Schutz für den Rest dieser Gemeinschaft", sagte Murad. Bisher seien die Täter nicht vor Gericht gestellt worden. "Wenn wir wollen, dass sich diese Fälle von Vergewaltigung und Gefangenschaft gegen Frauen nicht wiederholen, dann müssen wir diejenigen zur Rechenschaft ziehen, die sexuelle Gewalt als Waffe eingesetzt haben." Viele der geladenen Gäste brachen bei den Schilderungen der jungen Frau in Tränen aus. Doch Murad sagte, sie wolle kein Mitleid mehr. Nun müssten Taten folgen.

Denis Mukwege schilderte eindrücklich, wie Frauen und sogar kleine Kinder im Kongo grausam geschändet wurden. Auch er schränkte ein: "Der heute verliehene Friedensnobelpreis wird nur dann von Wert sein, wenn er das Leben von Opfern sexueller Gewalt in der ganzen Welt konkret verändert und den Frieden in unseren Ländern wiederherstellt."

Das kongolesische Volk werde seit mehr als zwei Jahrzehnten vor den Augen der internationalen Gemeinschaft gedemütigt, misshandelt und ermordet, sagte Mukwege. "Nicht nur Gewalttäter sind für ihre Verbrechen verantwortlich, auch die, die sich entscheiden, in eine andere Richtung zu schauen."

Die Ursache für Krieg, extreme Gewalt und Armut im Kongo sei ein Streit um Ressourcen. Gold, Coltan und Kobalt würden zur Herstellung von Smartphones und Elektroautos gebraucht und oft unter unmenschlichen Bedingungen von kleinen Kindern, Opfern von Einschüchterung und sexueller Gewalt, abgebaut. "Lassen Sie uns als Verbraucher zumindest darauf bestehen, dass diese Produkte unter Achtung der Menschenwürde hergestellt werden", appellierte Mukwege. Die Gäste reagierten auf die Rede des Arztes mit minutenlangem Applaus und Jubel.

Am Nachmittag sollten in Stockholm die Nobelpreise für Medizin, Chemie, Physik und Wirtschaftswissenschaften übergeben werden.

(APA/dpa)

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