Papst fordert bei interreligiösem Dialog Ende des Wettrüstens

Papst Franziskus und Großscheich Ahmad al-Tayyeb von der Kairoer Al-Azhar-Universität sprachen sich gegen Extremismus aus.
Papst Franziskus und Großscheich Ahmad al-Tayyeb von der Kairoer Al-Azhar-Universität sprachen sich gegen Extremismus aus.(c) APA/AFP/VINCENZO PINTO
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Franziskus wurde bei seiner historischen Reise an den Golf pompös empfangen. Er traf dort mit führenden Islamgelehrten zusammen.

Tunis/Abu Dhabi. Papst Franziskus hat alle Religionen aufgefordert, sich „in der gegenwärtigen heiklen Lage der Welt“ zu einem gemeinsamen Bund zusammenschließen. „Es gibt keine Alternative: Entweder wir bauen die Zukunft gemeinsam oder es gibt keine Zukunft“, erklärte der katholische Pontifex in seiner Grundsatzrede in Abu Dhabi vor 700 Teilnehmern eines internationalen interreligiösen Treffens, an dem hochrangige Islamgelehrte, christliche Bischöfe und jüdische Rabbiner teilnahmen.

Nachdrücklich forderte das Oberhaupt der katholischen Kirche bei seinem historischen Besuch auf der Arabischen Halbinsel eine „Entmilitarisierung des menschlichen Herzen“ und ein Ende des Wettrüstens. „Kriege schaffen nichts als Elend, Waffen nichts als Tod.“ Es sei die Aufgabe aller Vertreter von Religionen, jede Form der Billigung von Krieg und seiner „erbärmliche Grobheit“ zurückzuweisen. Die katastrophalen Folgen stünden allen vor Augen – „ich denke dabei insbesondere an Jemen, Syrien, Irak und Libyen“.

Zuvor war Franziskus in der Großen Moschee mit dem „Rat islamischer Ältester und Gelehrter“ zusammengetroffen. Die 2014 gegründete Vereinigung will nach eigenen Angaben Spaltungen und Fehden innerhalb des Islam überwinden. An ihrer Spitze steht Großscheich Ahmad al-Tayyeb von der Kairoer Al-Azhar-Universität, mit dem Franziskus ein herzliches Verhältnis verbindet.

Kampfjets und Salutschüsse

Der Tag begann für den Gast aus Rom mit einem pompösen Empfang durch Abu Dhabis Kronprinz Mohammed bin Zayed Al-Nahyan und dem Herrscher von Dubai, Scheich Mohammed bin Rashid Al-Maktoum. Salutschüsse krachten, Kampfjets donnerten über das gigantische Areal des prunkvollen Herrscherpalastes und malten die vatikanischen Farben weiß und gelb in den strahlend blauen Himmel. Der 82-jährige Pontifex dagegen ließ sich wie gewohnt in einem Kleinwagen vorfahren, einem schwarzen Kia Soul, der von Reitern eskortiert wurde.

Anders als üblich verzichtete Franziskus auf eine Ansprache an die politische Führung des Gastlandes, offenbar um die heißen Eisen Jemenkrieg und Menschenrechte in dem offiziellen Teil seines Staatsbesuches auszuklammern. Beide Golf-Herrscher twitterten nach dem Gespräch, habe man mit dem Papst darüber diskutiert, „die Zusammenarbeit zu verstärken, Dialog, Toleranz und menschliches Miteinander zu fördern sowie Initiativen zu ergreifen, um Frieden, Stabilität und Fortschritte für die Menschen und ihre Gesellschaften zu erreichen“.

Die von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Saudiarabien geführte Militärallianz führt seit vier Jahren im Jemen einen Krieg, den die UNO als die „größte humanitäre Katastrophe der Gegenwart“ bezeichnet. Aber auch bei Menschenrechten und sozialen Missständen stehen die superreichen Emirate in der Kritik. Einheimische Gegner des Herrscherclans werden unnachgiebig verfolgt und hart bestraft. Gastarbeiter werden ausgebeutet und rechtlos gehalten. Keine andere Weltgegend nutzt Migranten in solchen Dimensionen wie die Arabische Halbinsel. Auf die 26 Millionen Einwohner der sechs Golfstaaten kommen 25 Millionen ausländische Arbeitskräfte. Die meisten stammen aus Pakistan, Indien, Bangladesch und den Philippinen, darunter auch die drei Millionen Christen. Durch das sogenannte Kafala-System sind die Menschen ihren Arbeitgebern völlig ausgeliefert. Wer widerspricht, vorenthaltene Bezahlung nachfordert oder gar streikt, muss die Heimreise antreten. Und so hätte der in Abu Dhabi tätige Bischof Paul Hinder gerne Franziskus auch die soziale Realität hinter der glänzenden Fassade gezeigt. „Ich kenne gewisse Ecken, wo ich ihn gerne hinführen möchte“, sagte er gegenüber VaticanNews. Diese „Schattenseiten der Gesellschaft“ jedoch würden „künstlich besonnt, damit man sie nicht sieht“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2019)

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