Über 200 Tote bei Anschlägen in Sri Lanka: Mehrere Festnahmen

Das Militär bewacht die Kirche St. Antonius in Colombo
Das Militär bewacht die Kirche St. Antonius in Colombo Reuters (Dinuka Liyanawatte)
  • Drucken

Nach der Anschlagsserie soll es in zwei Vororten von Colombo zu weiteren Detonationen gekommen sein. Die Regierung meldet acht Festnahmen. Es gibt mindestens 207 Tote und über 500 Verletzte.

Nach einer Serie von Anschlägen auf Kirchen und Hotels in Sri Lanka mit rund 200 Toten sind acht Verdächtige festgenommen worden. Das teilte der Minister für Wirtschaftsreformen, Harsha de Silva, am Sonntag mit und berief sich dabei auf das Verteidigungsministerium. Bei den Explosionen wurden mindestens 207 Menschen getötet.

Insgesamt wurden mindestens acht Detonationen gemeldet - darunter drei in Kirchen und drei weitere in Luxushotels. Regierungschef Ranil Wickremesinghe sprach von "feigen Angriffen". Die Regierung unternehme alles, um die Lage in den Griff zu bekommen. Präsident Maithripala Sirisena rief ebenfalls zur Ruhe auf. Die Regierung berief eine Krisensitzung ein.

32 Ausländer unter den Todesopfern

Bisher gibt es keine Hinweise auf betroffene Österreicher. Unter den Toten der sind nach Angaben der Tourismusbehörde 32 Ausländer aus acht Staaten. Dazu gehörten den Angaben vom Sonntag zufolge Bürger Indiens, der USA, Großbritanniens, Portugals, Chinas, der Niederlande, Belgiens und der Türkei.

Ziele

Die St.-Antonius-Kirche in Colombo liegt in der Nähe des Hafens im Nordwesten der Hauptstadt. Die römisch-katholische Kirche ist dem Heiligen St. Antonius von Padua gewidmet und gehört zur Erzdiözese von Colombo, die rund 700.000 Katholiken zählt. Die Ursprünge der Kirche gehen auf die niederländische Kolonialzeit zurück, in der der katholische Glaube unterdrückt wurde. Der heutige Kirchenbau wurde 1834 geweiht. Das Gotteshaus gilt als bekannte Wallfahrtsstätte.

Die St.-Sebastians-Kirche in Negombo liegt rund 35 Kilometer nördlich der Hauptstadt. Die römisch-katholische Kirche ist dem Patron der Stadt Negombo geweiht. Der Grundstein für die Kirche wurde 1936 gelegt, das Gebäude rund zehn Jahre später fertiggestellt. Negombo hat rund 140.000 Einwohner und ist mehrheitlich katholisch.

Die Zionskirche in Batticaloa liegt rund 280 Kilometer östlich der Hauptstadt Colombo. Die evangelikale Freikirche in der 90.000-Einwohner-Stadt wurde 1974 gegründet.

Hotels:

Das Shangri-La hat über 500 Zimmer und Suiten sowie 41 Apartments.

Das Cinnamon-Grand-Hotel hat ebenfalls über 500 Zimmer und Suiten.

Das Kingsbury-Hotel hat 229 Zimmer und Suiten.

2 weitere Explosionen:

Ein kleines Hotel, in einem Vorort von Colombo

Wohnhäuser in Dematagoda, Vorort von Colombo

"Terroristischer Vorfall"

Vize-Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene sprach von einem "terroristischen Vorfall" und machte "extremistische Gruppen" für die Bluttaten verantwortlich. Die Verantwortlichen seien identifiziert. Er verhängte eine zwölfstündige, landesweite Ausgangssperre bis zum frühen Morgen (Ortszeit). Die Regierung sperrte am Sonntag zudem vorübergehend den Zugang zu sozialen Medien. Am Montag und Dienstag bleiben alle Schulen im Land geschlossen.

Nach der Detonation in der Kirche St. Antonius
Nach der Detonation in der Kirche St. AntoniusReuters TV

In einem Schreiben vom 11. April an führende Sicherheitsvertreter hatte die Polizei vor Plänen der radikalislamischen Gruppe NTJ gewarnt, Selbstmordanschläge auf Kirchen sowie auf die indische Botschaft in Colombo zu verüben. Sie berief sich dabei auf Informationen eines "ausländischen Geheimdiensts".

Die NTJ soll hinter der Beschädigung buddhistischer Statuen in Sri Lanka im vergangenen Jahr stehen. Von Angriffen ausländischer Islamisten blieb das Land bisher verschont.

Priester am Weg zum Schrein des Heiligen Antonius
Priester am Weg zum Schrein des Heiligen AntoniusReuters (Dinuka Liyanawatte)

Mit dem Sprengsatz zum Frühstücksbuffet

Geduldig wartete der Attentäter mit seinem Teller am Frühstückbuffet, bis er an der Reihe war. Dann zündete er den Sprengstoff auf seinem Rücken. Binnen Sekunden schlug das geschäftige, fröhliche Treiben am Ostersonntag im Restaurant des Luxushotels Cinnamon Grand in Sri Lankas Hauptstadt Colombo in ein wahres Inferno um. Dies berichteten Augenzeugen gegenüber AFP.

Die Hölle brach fast zeitgleich auch an anderen Orten der Ferieninsel los: In drei christlichen Kirchen schlugen die Attentäter ebenfalls zu - ausgerechnet während der Ostermesse. Auch drei weitere Hotels wurden zum Ziel von Anschlägen. Sie hinterließen Tod, Verwüstung und Ratlosigkeit.

Mehr als 200 Menschen werden im Verlauf weniger Stunden gewaltsam aus dem Leben gerissen - Gläubige im Ostergottesdienst, Urlauber, Restaurantgäste. Es herrscht Konfusion, die Behörden sind überwältigt. In dem Chaos werden nur langsam Details des Geschehens bekannt.

"Es war 08.30 Uhr", sagt ein Mitarbeiter des Hotels Cinnamon Grand. "Es gab viel zu tun, wir hatten viele Familien da." Das Osterwochenende sei ausgebucht gewesen. Plötzlich - eine Explosion. Danach habe dann "völliges Chaos" geherrscht, sagt der Mitarbeiter. Einer der Manager, der die Gäste im Restaurant begrüßte, sei sofort tot gewesen.

Zumindest für das Hotel Cinnamon Grand scheint festzustehen, dass die Tat auf das Konto eines Selbstmordattentäters geht. Hotelmitarbeiter berichteten von dem Verdächtigen: Er habe sich am Vorabend unter dem Namen Mohamed Azzam Mohamed eingecheckt und behauptet, geschäftlich in Colombo zu tun zu haben, berichteten sie gegenüber AFP. Weder sein Name noch seine Adresse aber hätten gestimmt.

Das Fünf-Sterne-Hotel liegt ganz in der Nähe der Residenz des Regierungschefs, deshalb waren Spezialeinheiten der Polizei rasch zur Stelle. Sie sammelten die Leichenteile des Attentäters ein und brachten sie fort, während die Schwerverletzten so schnell es ging ins National Hospital von Colombo transportiert wurden.

Anschläge während Ostermessen

Bei den Kirchen handelte es sich um die St.-Antonius-Kirche in der Hauptstadt Colombo, die St.-Sebastians-Kirche im rund 30 Kilometer von der Hauptstadt entfernten Negombo sowie die Zionskirche in Batticaloa, rund 250 Kilometer östlich von Colombo. In den Gotteshäusern fanden gerade Ostermessen statt. Dort gab es die meisten Opfer. Allein in der Kirche in Negombo starben nach offiziellen Angaben mehr als 100 Menschen.

Nach der Explosion im  Shangri-La-Hotel in Colombo
Nach der Explosion im Shangri-La-Hotel in ColomboReuters

Es gab Explosionen in den Luxushotels Shangri-La, Cinnamon Grand und Kingsbury in der Hauptstadt Colombo. Dort sollen auch Ausländer verletzt worden sein. Später wurde eine siebente Explosion in einem kleinen Hotel in einem Vorort von Colombo mit zwei Toten gemeldet. Eine achte Explosion ereignete sich am Nachmittag (Ortszeit) in einer Wohngegend in Dematagoda, einem anderen Vorort Colombos. Dort riss ein Selbstmordattentäter nach Polizeiangaben drei Polizisten mit in den Tod.

Die Explosionen in den Kirchen und Luxushotels fanden fast zeitgleich statt. Die erste wurde aus der Kirche in Colombo gemeldet, die übrigen alle innerhalb von nur 30 Minuten.

Zunächst bekannte sich niemand zu den Angriffen. Staatspräsident Maithripala Sirisena sagte, die Streitkräfte und die Polizei würden der "Verschwörung" auf den Grund gehen. Die Oberbefehlshaber der Streitkräfte hielten mit mehreren Ministern eine Krisensitzung ab.

Minister Harsha de Silva schrieb auf Twitter, in einer Kirche in Colombo habe es "schreckliche Szenen" gegeben. Diese sei mit Körperteilen übersät gewesen. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Retter Verletzte aus einer verwüsteten Kirche trugen.

Krankenhaus in Colombo
Krankenhaus in ColomboReuters TV

Chaotische Zustände

Eine 20 Jahre alte Touristin aus Dänemark, die mit drei Freundinnen in einem Hotel in Colombo untergekommen ist, sagte dem dänischen Rundfunk zur Explosion in der St.-Antonius-Kirche: "Es herrschte Chaos in der Straße mit Menschen und Rettungswagen überall. Viele der Einheimischen haben die Straße hinunter gezeigt und gesagt, es habe eine Explosion gegeben und viele seien tot."

Nur etwa sieben Prozent der Bevölkerung Sri Lankas sind Christen. Die Mehrheit sind Buddhisten. Die Kirchenverwaltung NCEASL, die mehr als 200 Kirchen und andere christliche Organisationen in Sri Lanka vertritt, hatte sich jüngst besorgt über vermehrte Übergriffe geäußert. 2018 seien 86 Fälle von Diskriminierung, Drohungen und Gewalt gegen Christen und ihre Einrichtungen bekanntgeworden. In diesem Jahr seien es bisher 26 gewesen. So hätten buddhistische Mönche wiederholt versucht, christliche Gottesdienste zu stören.

Reaktionen aus aller Welt

Die Angriffsserie stieß weltweit auf Entsetzen. US-Präsident Donald Trump sprach den Menschen des Inselstaats sein Mitgefühl aus. Er bot in einer Nachricht auf Twitter zugleich die Unterstützung der USA an. "Wir stehen bereit, um zu helfen", schrieb der US-Präsident am Sonntag. Er sprach von "schrecklichen Terrorattacken".

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus und bot Hilfe an. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte dem Präsidenten Sri Lankas. Der russische Präsident Wladimir Putin sprach von einem "grausamen und zynischen Verbrechen". Israels Staatspräsident Reuven Rivlin äußerte sich ähnlich.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schrieb: "Das ist ein Angriff auf die gesamte Menschheit." Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez twitterte: Der Tod "Dutzender Menschen, die Ostern feierten, bringt uns zum Weinen". Die britische Premierministerin Theresa May forderte: "Wir müssen zusammenhalten und sicherstellen, dass niemand seinen Glauben in Furcht praktizieren muss."

Indiens Ministerpräsident Narendra Modi sprach von Barbarei, für die in der Region kein Platz sei. Irans Außenminister Mohammed Javad Zarif kondolierte Regierung und Bevölkerung von Sri Lanka

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich betroffen. "Ich bin tief erschüttert und besorgt über hinterhältige terroristische Anschläge auf mehrere Kirchen und Hotels in #SriLanka mit stetig steigenden Opferzahlen", so Kurz. "Meine Gedanken sind bei den Verletzten und Angehörigen", twitterte er. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) verurteilten am Sonntag die Anschläge.

Papst Franziskus drückte er seine Trauer wegen der Serie tödlicher Explosionen in Kirchen in Sri Lanka aus. Mit großer Betroffenheit beklagte auch der Wiener Erzbischof das durch die Bombenattentate in Sri Lanka am Ostersonntag ausgelöste "sinnlose Leid so vieler Menschen". Der heutige Ostersonntag sei "von blutigen Anschlägen überschattet", sagte Kardinal Christoph Schönborn bei der Eröffnung des Ostergottesdienstes am Sonntag im Wiener Stephansdom.

Sri Lanka

Der südasiatische Inselstaat ist ein beliebtes Touristenziel, auch für Europäer. Die Mehrheit der Bevölkerung sind Buddhisten. Sri Lankas Bürgerkrieg war 2009 nach 26 Jahren zu Ende gegangen. Die Rebellengruppe Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) hatte für einen unabhängigen tamilischen Staat im Norden des Landes gekämpft. Die Armee ging gegen die Aufständischen mit aller Härte vor und besiegte sie schließlich. Die UN wirft beiden Seiten Kriegsverbrechen vor.

(APA/Reuters/dpa/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Hauptverdächtiger der Oster-Anschläge in Sri Lanka festgenommen

Der 29-Jährige war im Nahen Osten festgenommen und nach Sri Lanka ausgeliefert worden. Bei den Anschlägen am Ostersonntag kamen mehr als 250 Menschen ums Leben.
Soldiers and police officers walk past St. Anthony's Shrine in Colombo
Weltjournal

16 Tote nach Sturm auf Versteck von IS-Anhängern in Sri Lanka

Bei Explosionen in einem von der Polizei umstellten Haus im Osten von Sri Lanka wurden 16 Tote gefunden. Die Handlungen kamen während eines Anti-Terror-Einsatzes gegen mutmaßliche Islamisten.
Symbolbild.
Außenpolitik

Sri Lanka: Warnung vor weiteren Anschlägen

Zahran Hashim, der mutmaßliche Drahtzieher der Terrorserie, ist ums Leben gekommen. Die Polizei ist aber auf der Jagd nach rund 70 IS-Sympathisanten.
Zahran Hashim (Mitte) und Mitstreiter beim Treueschwur auf IS-Führer Abu Bakr al-Baghdadi.
Weltjournal

Drahtzieher der Anschläge in Sri Lanka bei Anschlägen gestorben

Zahran Hashim galt als Anführer der Islamistengruppe National Thowheeth Jama'ath. Er ist laut Regierung bei den Attacken ums Leben gekommen.
Außenpolitik

Sri Lanka: Gläubige sollen Kirchen und Moscheen meiden

Gefahr von Racheakten zu groß, Polizei erhöht Sicherheitsvorkehrungen

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.