Ermittler suchen Begleiterin des "Concordia"-Kapitäns

Die Rettungsarbeiten auf der Concordia laufen wieder.
Die Rettungsarbeiten auf der Concordia laufen wieder.(c) REUTERS (GIAMPIERO SPOSITO)
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In der Nacht des Unglücks soll sich eine 25-Jährige mit dem Kapitän auf der Kommandobrücke befunden haben. Die Moldawierin stand aber nicht auf der Liste der Passagiere.

Nach offiziellen Angaben werden immer noch 22 Menschen nach der Havarie der "Costa Concordia" vor der italienischen Küste vermisst. Die Staatsanwälte der toskanischen Stadt Grosseto wollen nun überprüfen, ob sich auch blinde Passagiere an Bord des Kreuzfahrtschiffes befanden. Dies würde die Verwirrung über die Zahl der Vermissten erklären. Nach Angaben der Turiner Tageszeitung "La Stampa" sei es für das Personal von Kreuzfahrten nicht unüblich, dass Kapitän und Offiziere diskret Freunde oder Verwandte auf ihr Schiff einladen, ohne dass diese offiziell registriert seien.

Ermittler wollen nach Angaben italienischer Medien vor allem eine 25-jährige Moldawierin befragen, die sich in der Nacht des Unglücks mit Kapitän Francesco Schettino auf der Kommandobrücke befand, jedoch nicht in die Liste der Passagiere eingetragen war. Der Kapitän selber hatte vor Ermittlern berichtet, dass sich die Frau auf der Kommandobrücke befand. Sie wurde am Abend des Unglücks in Begleitung des Kapitäns gesehen. In einem Interview mit einem moldawischen TV-Kanal verteidigte die 25-Jährige den Kapitän. "Er hat über 3000 Personen das Leben gerettet. Er hat eine außerordentliche Arbeit geleistet, das denkt die ganze Besatzung", sagte sie.

Vorwürfe gegen Reederei

Auch die Reederei geriet ins Visier der Ermittler. Die mit den Ermittlungen beauftragten Staatsanwälte wollen herausfinden, warum die Kreuzfahrtgesellschaft Schettino nicht sofort gedrängt hat, den Notstand an Bord auszurufen und 68 Minuten lang mit dem Beginn der Evakuierung des Schiffes zugewartet hat. Die Staatsanwälte wollen klären, ob die Reederei durch unzulängliche Informationen des Kapitäns über die realen Zustände an Bord irregeführt wurde oder ob sie in einer ersten Phase versucht habe, das Ausmaß der Katastrophe herunterzuspielen. So sei die Evakuierung verspätet begonnen worden, was mehrere Menschen das Leben gekostet hat, vermuten die Ankläger.

Etwa einen Tag war die Suche nach Überlebenden unterbrochen, am Donnerstag in der Früh konnte sie wieder aufgenommen werden. Messungen zufolge habe sich das Kreuzfahrtschiff am Mittwoch bewegt, es drohte abzurutschen. Die Stabilität des Schiffes wurde geprüft, um das Leben der Taucher nicht zu gefährden. Die Lage sei jetzt sicher genug, um die Suche wieder aufzunehmen, betonten nun die Rettungsmannschaften.

Mit Sprengkörpern wollen sich die Tauchermannschaften Zugang zu jenen Teilen des Wracks verschaffen, zu denen sie noch nicht vorgedrungen sind. Die Behörden befürchten jedoch, dass eine aufkommende Schlechtwetterfront die Situation wieder verschärfen könnte.

Kapitän gibt schwere Fehler zu

Schettino ist derzeit die zentrale Figur des Schiffsunglücks. Der 52-Jährige wurde unter Hausarrest gestellt. Nach Angaben der italienischen Justizbehörde habe der Kapitän zugegeben, schwere Fehler gemacht zu haben.

So gab der 52-Jährige an, dass er vor der Insel Giglio ein Manöver namens "Die Verneigung" vollführen wollte, bei dem das Schiff mit voller Beleuchtung und Sirenen die Küstenbewohner grüßt. Er habe sich aber zu sehr der Insel genähert, das Schiff sei gegen einen Felsen gefahren.

Kapitän: "Opfer meiner Gedanken"

"Das Manöver war schon beim Start in Civitavecchia beschlossen worden, doch ich habe einen Fehler gemacht. Ich kenne die Strecke gut und ich hatte das Manöver schon drei- oder viermal vollführt. Diesmal bin ich in zu seichtes Wasser geraten. Ich weiß nicht, warum das passiert ist. Ich war Opfer meiner Gedanken", sagte Schettino den Ermittlern bei der Anhörung.

Der Kapitän habe das Kreuzfahrtschiff "extrem ungeschickt" zu nahe an die Insel herangeführt, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Zudem habe Schettino das Schiff lange vor dem Ende der Evakuierungsaktion verlassen. Damit habe er die Passagiere sich selbst überlassen.

Kapitän bestreitet Flucht

Schettino bestritt jedoch eine Flucht. "Die Passagiere drängten sich am Deck, um auf die Rettungsboote zu kommen. Ich hatte nicht einmal eine Schwimmweste an, weil ich sie einem Passagier gegeben hatte. Ich versuchte, die Passagiere in die Schaluppen zu bringen. Doch plötzlich hat sich das Schiff um 70 Grad geneigt, ich bin ausgerutscht und in eine Schaluppe gestürzt", rechtfertigte sich Schettino. Wegen der starken Neigung, konnte er dann nicht mehr in die "Costa Concordia" zurückkehren. Er habe jedoch die Evakuierungsaktion unweit des Schiffes koordiniert.

(Ag.)

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