Gemüse oder Kebab: Was essen Kinder in der Schule?

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Der familiäre Mittagstisch verschwindet langsam. Aber was essen unsere Kinder eigentlich an den Schulen? Das, was professionelle Anbieter, Gasthäuser oder Spitäler liefern. Falls sie nicht zum Kebab greifen.

Bereits ein Viertel aller Schüler wird derzeit ganztägig betreut – und diese Zahl wird in den nächsten Jahren weiter wachsen. Der Mittagstisch verschiebt sich damit zunehmend an die Kindergärten, Horte und Schulen. Doch was essen unsere Kinder dort eigentlich?

Bei jeder Form der ganztägigen Betreuung wird ein warmes Mittagessen angeboten, das je nach Zulieferer und persönlichen Vorlieben ungenießbar sein kann – oder aber den Anforderungen einer vernünftigen Ernährung von Jugendlichen entspricht. Entschieden wird das vom Schulstandort. Während etwa in Japan die Verpflegung der Schüler vom Bildungsministerium organisiert und allerorts Gemüse frisch zubereitet wird, gibt es in Österreich nicht einmal Vorgaben vom Bund. Manche Länder-Schulen lassen das Essen von nahe gelegenen Gasthäusern oder gar von Spitälern liefern.

Wien, das am meisten Erfahrung mit der Ganztagesbetreuung hat, reguliert über strenge Vorgaben die schulischen Mahlzeiten. Es gibt klare Richtlinien; begonnen bei der Hygiene über die Qualität bis zu den Kalorien für einzelne Altersgruppen. Das Mittagessen sollte dem Schüler ein Drittel des Tagesbedarfs an Energie und Nährstoffen liefern. Wiener Schulen werden derzeit nur von zwei Unternehmen beliefert: Gourmet (58 Prozent) und MAX-Catering (42 Prozent). Bei Gourmet etwa sorgen Dutzende Ernährungsberater und Diätologen dafür, dass das Schulessen gesund, fettarm, nur leicht gesalzen und frei von künstlichen Geschmacksstoffen ist. Auf dem Speiseplan stehen dann etwa Pasta mit Tomatensauce oder überbackenes Fischfilet mit Reis. Das Problem: „Gesundes Essen“ ist nicht unbedingt das, was Schüler sich wünschen. Wer nicht zufrieden ist, geht zum Kebabstand am Eck oder fährt zur nächsten McDonald's-Filiale. So machen das zwei Drittel der deutschen Oberstufenschüler, wie die deutsche Studie „So is(s)t Schule“ aus dem Jahr 2010 zeigt.

Cola-Automaten in der Kritik

Zwar lernen die Kinder früh, was gesund ist. Allerdings spielt dieses Wissen bei ihrer Ernährung kaum eine Rolle. Die Zahl der übergewichtigen Kinder steigt im Jahr um rund ein Prozent. „Kampagnen bringen nichts. Das Angebot ist wichtiger als das Wissen“, erklärt etwa Karin Kaiblinger von der Ernährungsberatung „gut essen“. Die Gesundheit sei einfach kein Thema für Schüler.

Kaiblinger kritisiert vor allem die Schulbuffets, die viel zu oft von Wurstsemmeln und süßen Snacks dominiert werden. Freilich können die Eltern bis zu einem gewissen Maß mitbestimmen, was an den Schulen angeboten wird. Doch die Buffetbetreiber bleiben auf dem Salat sitzen, während sie mit Toast und Hotdog gute Geschäfte machen. Vor allem die Cola-Automaten halten viele für unverantwortlich: „Die Verfügbarkeit bestimmt das Essverhalten. Solange Softdrinks angeboten werden, konsumieren die Jugendlichen sie“, sagt Kaiblinger. Während die Automaten in vielen anderen EU-Ländern verboten wurden, sind sie bei uns noch recht beliebt. Milch dagegen hat in Österreich stark an Attraktivität verloren: Nur noch 137.000Schüler bestellen Schulmilch, das sind etwas mehr als zehn Prozent.

Das Elternhaus prägt

Schulbuffets müssen zwar an allen Schulen ohne Ganztagesbetreuung angeboten werden. Statt des Geldes für den Stand sollten Eltern ihren Kindern aber lieber eine Jause mitgeben, sagt Kaiblinger. Essenziell für ein gutes Essverhalten sei weiters, dass zu Hause vernünftig gekocht werde. Dieser „Grundstock“ bleibe den Schülern – auch wenn viele mit 14 oder 15Jahren ein „Kontrastprogramm“ zu den elterlichen Vorgaben machen und in dieser Zeit lieber Fast Food konsumieren.

Aber wie kann man den Schülern gutes Essen schmackhaft machen? Erfolg versprechend ist ein Pilotprojekt von Gourmet, das ganz ohne neue Ingredienzien auskommt: Es wurde anstelle der üblichen Essensausgabe ein Buffet eingerichtet, aus dem die Schüler zwischen zwei Linien wählen und sich selbst bedienen konnten. Siehe da: Es schmeckte allen gleich besser. Für Claudia Ertl-Huemer, Ernährungswissenschafterin bei Gourmet, ist das ein Weg zum Erfolg. Auch die Esskultur gehöre gestärkt, sagt sie: „Ich wünsche mir, dass die Kinder eine halbe Stunde Zeit zum Essen haben.“ Aufgrund der Platznot würde nämlich ein Schüler den anderen oft ganz schnell aus dem Speisesaal hinausdrängen. Ein weiteres Problem: Die Kinder kennen immer weniger Lebensmittel, die Auswahl an „Lieblingsessen“ wird immer kleiner. Dabei sind die Kinder, was das Essen anlangt, prinzipiell konservativ: „Wir würden besser fahren, wenn wir immer nur die 20 beliebtesten Speisen kochten. Aber das ist nicht unser Selbstverständnis,“ so Ertl-Huemer. Gourmet will jetzt das vom Lebensministerium forcierte Gütesiegel der „Österreichischen Gesellschaft für Ernährung“ umsetzen. Diese neuen Richtlinien würden aber das Aus für beliebte Speisen wie den Kaiserschmarrn bringen. Für viele wohl ein Grund mehr, sich ihr Essen woanders zu besorgen.

Derzeit werden in Wien 128Schulen ganztägig geführt und mit Mittagessen (und fallweise mit Jause) beliefert. Keine leichte Aufgabe, denn die Wünsche von Schülern und Eltern widersprechen sich oft. Für die zwei offiziellen Zulieferer in Wien gilt ein strenger Kriterienkatalog, die Mahlzeiten sind durchwegs gesund. Problematisch sind viele Schulbuffets. Kritiker bemängeln vor allem die Softdrink-Automaten, die es an vielen Schulen gibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2012)

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