Sex-Broschüre für die Schule verstört Konservative

SexBroschuere fuer Schule verstoert
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Die Lehrmaterialien für die Sexualerziehung würden die Kernfamilie diskreditieren, sagen ÖVP und FPÖ. Ministerin Schmied will die Broschüre nun nochmals prüfen lassen.

Für einigen Wirbel sorgen die Lehrmaterialien für die Sexualerziehung von Sechs- bis Zwölfjährigen, die das Unterrichtsministerium vor wenigen Monaten herausgegeben hat. ÖVP und FPÖ zeigen sich verstört durch die Inhalte der Broschüre "Ganz schön intim". In einer parlamentarischen Anfrage an Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) ortet ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon eine "Diskreditierung der sogenannten Kernfamilie". In einer weiteren Anfrage nimmt sein FP-Pendant Walter Rosenkranz daran Anstoß, dass "natürlich gewachsene Familien zwischen Mann und Frau in dem Druckwerk diskreditiert werden, dafür 'lesbisch', 'schwul', 'hetero' und 'trans' als vollkommen gleichwertig dargestellt (...)" werden.

Unterrichtsministerin Schmied reagierte am Dienstag auf die Kritik und will die Broschüre nochmals prüfen lassen. Sie wolle zwar nicht ihre "privaten Bilder" präsentieren, so die Ministerin, prinzipiell plädiere sie aber für eine "offene Gesellschaft". Ein spezielles Bild dabei besonders hervorzuheben, erscheine ihr nicht sinnvoll.

"Unverhältnismäßige Relation"

Laut Amon "muss nach mehreren Anfragen von besorgten Eltern, die mit der Broschüre in Berührung kamen und bei deren Kindern sie zu verstörten Fragestellungen führte, die öffentlich geförderte Publikation hinterfragt werden". So ziehe sich die Thematik der Intersexualität "in unverhältnismäßiger Relation durch die ganze Broschüre". Leihmutterschaft und Samendatenbanken würden trotz des gesetzlichen Verbots in Österreich als mögliche Optionen dargestellt, so Amon und Rosenkranz.

Amon will unter anderem wissen, ob Schmied es "nicht als erstrebenswert ansieht, die sogenannte 'Kernfamilie' Vater-Mutter-Kind als Ideal hochzuhalten - natürlich unter Bedacht darauf, dass es auch andere Familienkonstellationen wie z.B. Patchwork-Familien gibt". Und: "Auch wenn es nicht jeder Ehe gutgeht und es nicht jede Familie schafft, die höheren Ideale zu leben, sollen wir diese Ideale deshalb aufgeben?" Rosenkranz wirft dem Ministerium als Auftraggeber des "Machwerks" "ideologische Stimmungsmache" vor.

Sexualerziehung soll Dinge enttabuisieren

Wie die "Presse" berichtete, werden Mann und Frau – gegenüber inter- oder transsexuellen Personen – in der Tat nicht als die Norm dargestellt. Der Verein „Selbstlaut“, der die Materialien im Auftrag des Ministeriums konzipiert hat: „Dass Minderheiten mit Mehrheitspositionen in einem Atemzug genannt werden, ist natürlich Absicht.“ Bei der Prävention sexueller Gewalt – einem zentralen Ziel der Sexualerziehung – gehe es gerade darum, Dinge zu enttabuisieren.

Klar sei auch, dass die Zahl der Kinder, die mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen geboren werden, also intersexuell sind, nicht sehr hoch sei. Gerade diesen Kindern müsse aber zur Vorbeugung sexueller Gewalt ein Platz gegeben werden – „und zwar nicht als Ausnahme oder Abweichung, sondern in der Mitte der Gesellschaft“.

Erstellt wurde die Broschüre mit zahlreichen "Gefühlsspielen, Texten und Übungsanleitungen" vom Verein "Selbstlaut". Sie richtet sich an Kinder in der Volksschule sowie an Elf- und Zwölfjährige. Die meisten Übungen orientieren sich an Kindern, die schon lesen und schreiben können, also ab der dritten und vierten Klasse Volksschule.

"Sexualerziehung war Konservativen seit jeher suspekt"

BZÖ-Bildungssprecherin Ursula Haubner hat eine parlamentarische Anfrage eingebracht, in der sie Auskunft über inhaltliche Vorgaben und Kosten begehrt. "Die in der Broschüre ausschließlich gezeichneten Familienbilder sind die Ausnahme und nicht die Regel. Daher ist es nicht angebracht, solche Unterrichtsmaterialien für Kinder in diesem Alter zu verteilen", so Haubner.

Begrüßt wird die Broschüre hingegen von den Grünen. "Die Aufregung von ÖVP und FPÖ über die Sexualerziehungsbroschüre 'Ganz schön intim' war regelrecht vorprogrammiert: Sexualerziehung war Konservativen und Rechten seit jeher suspekt", kritisierte Bildungssprecher Harald Walser. Die Aufklärung von Kindern sei ein wichtiger Schritt gegen Kindesmissbrauch: "Erst wenn Kinder gewohnt sind, Erwachsene auch mit peinlichen Fragen oder schwierigen Gefühlen zu konfrontieren, reden sie über selbst Erlebtes leichter."

(APA/Red.)

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