Das Unterrichtsmaterial verstört vor allem Konservative. Nun wird es in einem Punkt überarbeitet. Welche Übungen für den Unterricht geeignet sind, entscheiden immer die Lehrer.
Die Broschüre "Ganz schön intim", die für den Sexualunterricht an österreichischen Schulen vorgesehen ist, erregte in den vergangenen Tagen die Gemüter. Nun wird sie in einem Teilbereich überarbeitet: Jener Passus, in dem es um die Frage der Leihmutterschaft geht, soll geändert werden, schreibt derstandard.at. Die ÖVP hatte in diesem Zusammenhang kritisiert, dass eine Leihmutterschaft trotz des gesetzlichen Verbots in Österreich als mögliche Option für die Erfüllung eines Kindeswunsches dargestellt wird.
Über die anderen Inhalte wurde noch nicht entschieden: Grundsätzlich plädiert Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) für eine "offene Gesellschaft", will die Broschüre aber nochmals prüfen lassen. Denn die Frage der Leihmutterschaft ist nur einer der kritisierten Punkte. Allen voran sehen ÖVP, FPÖ und katholische Familienexperten durch die für den Unterricht von Sechs- bis Zwölfjährigen konzipierte Broschüre die klassische Familie in Frage gestellt.
Hauptkritikpunkt ist folgende Passage: "In jeder Klasse/Gruppe sitzen Kinder, die in unterschiedlichsten Lebensformen verortet sind. Trotz vieler Bearbeitungen von Schulbüchern und sonstigen Medien, die auf die Diversitäten der Lebensformen von jungen Menschen reagieren, hält sich das Bild der klassischen Mutter-Vater-Kind-Familie als anzustrebendes Ideal hartnäckig, ungeachtet der Tatsache, dass knapp die Hälfte aller Kinder in Österreich in anderen Verhältnissen leben. Wir möchten also verschiedene Lebens- und Beziehungsformen gleichberechtigt nebeneinander und zur Diskussion stellen...."
Lehrer entscheiden, womit sie arbeiten
Die vom Verein "Selbstlaut" erarbeitete Broschüre richtet sich primär an Lehrer. Sie entscheiden, welche Übungen oder Unterrichtspakete für welche Schüler geeignet sind. Unter anderem wird das Thema Intersexualität vermittelt, in einer Übung können Kinder aus Papier und diversen Materialien Geschlechtsorgane basteln und aufkleben.
Die Autoren verweisen auf gesellschaftliche Realität: Schon Volksschulkinder sind mit Pornografie konfrontiert: "Darauf müssen wir Erwachsene Antworten haben", sagt der Verein "Selbstlaut". Es könne nicht um "ideologische 'Kämpfe' unter den Erwachsenen gehen, sondern um die bestmögliche Vorbeugung von sexuellem Kindesmissbrauch.
Olef Kapella vom Institut für Familienforschung bewertet die Broschüre positiv: "Da sind durchaus zeitgemäße, auf dem Stand der Wissenschaft befindliche und in der Präventionsarbeit vorgeschlagene Methodiken drin, die man auch umsetzen kann." Allerdings könnte es Verbesserungen geben. So etwa bei der Aufzählung, "wie Babys zu uns kommen". Dort sei beginnend mit Adoption "eher alphabetisch gereiht worden".
"Zurück an den Start" gefordert
Der Direktor des katholischen Instituts für Ehe und Familie, Günter Danhel, will laut Kathpress die Verwendung der Broschüre stoppen und unter Einbeziehung von Eltern neu aufsetzen. Er ortet auch "teils problematisches Bildmaterial" und "zu Recht von vielen als abstoßend erlebte sprachliche Ausdrücke. Der Familienbund fordert ein "Zurück an den Start" für die Broschüre und kritisiert, dass der Elternbeirat nicht einbezogen worden sei - so wie das normalerweise bei so heiklen Themen der Fall sei.
Begrüßt wird die Broschüre hingegen von den Grünen. "Die Aufregung von ÖVP und FPÖ über die Sexualerziehungsbroschüre 'Ganz schön intim' war regelrecht vorprogrammiert: Sexualerziehung war Konservativen und Rechten seit jeher suspekt", so Bildungssprecher Harald Walser.
(APA/Red.)