Ganztagsschule: Plätze verdoppelt

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Die SPÖ und ÖVP haben eine Einigung zum Ausbau der Ganztagsschulen getroffen. Bis 2018 soll es 200.000 Betreuungsplätze geben. Eltern und Lehrer sollen gemeinsam über die Form der Nachmittagsbetreuung entscheiden.

Wien. Eigentlich hätten sich die Koalitionsparteien den medial groß ausgetragenen Streit über den Ausbau der Ganztagsschule bei der Regierungsklausur in Laxenburg Anfang November sparen können. Denn nicht einmal ein Monat danach haben SPÖ und ÖVP ohnehin eine Einigung getroffen – die übrigens kaum vom ursprünglichen Plan abweicht. Den Beschluss zum Ausbau der Ganztagsschule verkündeten Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger nach der Ministerratssitzung am Dienstag. Konkret sollen in den Ausbau ab dem Jahr 2014 bis zu 160 Millionen Euro pro Jahr fließen. Das sind jährlich 80 Millionen Euro mehr als bisher veranschlagt.

Die Zahl der Betreuungsplätze soll so bis 2018 von derzeit 119.000 auf 200.000 quasi verdoppelt werden. Während heute also etwa 17,5 Prozent aller Schüler am Nachmittag betreut werden (ohne die 50.000 Hortplätze), sollen es 2018 rund 30 Prozent der Schüler sein. Wie diese Nachmittagsbetreuung aussehen wird, soll an den einzelnen Schulstandorten entschieden werden. Soll heißen: Die Schulen können sowohl eine reine Nachmittagsbetreuung anbieten als auch zur verschränkten Ganztagsschule werden. Während an der reinen Nachmittagsbetreuung nur jene Schüler einer Klasse teilnehmen müssen, die das auch wollen, ist das bei der verschränkten Ganztagsschule anders. In dieser Schulform wechseln sich Unterricht und Freizeit im Laufe des Tages ab, die Schüler müssen deshalb verpflichtend den ganzen Tag anwesend sein.

Jährliche Bedarfserhebung kommt

Die Entscheidung, ob eine Klasse als verschränkte Ganztagsschule geführt wird oder nicht, liegt sowohl bei den Eltern als auch bei den Lehrern. Jeweils zwei Drittel der beiden Gruppen müssen zustimmen, um eine Klasse in der verschränkten Form einzurichten. Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) wollte die Entscheidung eigentlich allein den Eltern überlassen, scheiterte mit diesem Wunsch aber an der ÖVP. Durchgesetzt hat die ÖVP auch einen anderen Wunsch: Und zwar wird es ab kommendem Schuljahr eine jährliche Bedarfserhebung geben. Neue Plätze in der Nachmittagsbetreuung solle es nämlich nur dort geben, wo sie gebraucht werden, sagt Spindelegger.

Die jährlich zur Verfügung stehenden 160 Mio. Euro ab 2014 sollen übrigens nicht nur in das Betreuungspersonal investiert werden, sondern auch in Infrastrukturmaßnahmen. Finanziert werden etwa die Schaffung und die Adaptierung von Speisesälen, Küchen, Gruppenräumen, Spielplätzen sowie der Kauf von Einrichtungsgegenständen. Die Details zur Finanzierung müssen nun aber noch zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und Städten ausverhandelt werden.

Auch die ÖVP musste bei den Verhandlungen Abstriche machen. Gemeinsam mit dem Ausbau der Ganztagsschule wollte sie eine Reform der Sprachförderung sowie des Ethikunterrichts beschließen. Diese Entscheidungen wurden auf nächstes Jahr verschoben. So soll es bis zum Sommer 2013 zumindest eine Entscheidungsgrundlage in Sachen Ethikunterricht geben. Umstritten ist dabei, ob alle Schüler oder nur jene, die sich vom Religionsunterricht abmelden, einen etwaigen Ethikunterricht besuchen sollen.

Was die Sprachförderung betrifft, sind ab dem Schuljahr 2013/14 in jedem Bundesland unterschiedliche Pilotprojekte geplant. Dadurch soll herausgefunden werden, welche Modelle für Kinder mit hohem sprachlichem Förderbedarf am geeignetsten sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2012)

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